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Bootsurlaub auf der Mecklenburgischen Seenplatte

Die Mecklenburgische Seenplatte bietet Erholung in der Natur pur. Und wo kommt der Puls ein bisschen in Fahrt? Am Steuer eines Bootes - auf einer Selbstfahrer-Tour über Seen und Kanäle. (Von Joachim Hauck, dpa)

Ein wenig mulmig ist uns schon, hier im Steuerstand unserer Leih-Motorjacht "Heidi". Zehneinhalb Meter Schiff können verflixt lang sein, wenn sie aus einem engen Hafen bugsiert werden müssen und die Skipper ausgesprochene Amateure sind.

Natürlich hat uns der nette Mann vom sogenannten Charterpoint alles haarklein erklärt und vorgeführt. Total einfach, nicht wahr?

Dann geht der nette Mann von Bord und wir lassen den 86-PS-Diesel der "Heidi" selber an. Ganz langsam geht's raus aus dem Hafen von Waren — dem Hauptort des Reviers Müritz an der Mecklenburgischen Seenplatte, durch das wir eine Woche lang kreuzen wollen.

Ein heikles Manöver

Keine fünf Minuten sind wir unterwegs, und schon ist eine verflucht enge Stelle zu passieren. Ein Drittel ist geschafft — da droht der Anfänger-Gau in Form eines ausgewachsenen Fahrgastschiffs, das uns laut tutend entgegenkommt. Rückwärts fahren trauen wir uns (noch) nicht, vorwärts eigentlich auch nicht, aber wenn wir das Etappenziel Malchow erreichen wollen, müssen wir an dem Dampfer vorbei. Doch plötzlich sind wir, Kapitänin und Steuermann, an dem Schiff vorbei.

Schrammen machen die Erfahrenen

Vor uns liegt der ganz und gar unkomplizierte Kölpinsee. Die "Heidi" tuckert mit 12 km/h gemütlich durchs spiegelglatte Wasser. Auf dieses Tempo sind die Leihboot-Motoren gedrosselt, denn sie dürfen im Müritz-Revier ohne Führerschein gefahren werden.

Große Schäden sind im Charterbetrieb eher selten. "Meistens bleibt es bei ein paar Schrammen vor allem in den Schleusen", hat uns der Skipper bei der Einweisung versichert. "Und für die sorgen eher die erfahrenen Skipper, die glauben, sie können alles."

Wir glauben das nicht, und unseren Törn haben wir so geplant, dass wir garantiert durch keine Schleuse müssen. Nur durch die Drehbrücke von Malchow. Sie ist an diesem ersten Tag auf dem Schiff schon geschlossen. Dafür müssen wir die "Heidi" in den Hafen bringen, sie und uns über Nacht seemännisch korrekt festmachen.

Der Platz zum Manövrieren ist knapp, aber – was für ein Wunder! – wir kommen fast auf Anhieb an den Steg, kriegen die Festmachknoten nach ein wenig rumprobieren leidlich hin. Feierabend also. Landstrom und Wasserzuleitungen sind schnell aufs Boot gelegt, für ein paar Euro können wir die Duschen und Toiletten in der Marina nutzen.

Zur Not hätte die "Heidi" auch alles an Bord: Ihre Batterien liefern genug Elektrizität für Lampen und Fernseher, gekocht wird mit Gas, und zwei Warmwasserduschen plus WCs gibt es an Bord auch. In der Vorder- und der Achterkabine hat die "Heidi" jeweils ein komfortables Doppelbett. Wir sind entspannt — das wird die ganze Woche so bleiben.

Halt in hübschen Häfen

Fahrwasser- und Untiefen-Tonnen weisen sicher den Weg, der uns zum Plauer See und über die Müritz zurück nach Waren führen wird, vorbei an Naturparks mit Wisent-Rindern und Scharen von Kranichen.

An besonders schönen Buchten werfen wir Anker, kochen Kaffee und gehen baden, um noch vor Einsetzen der Dämmerung in hübschen, kleinen Häfen festzumachen: Im malerischen Röbel beispielsweise mit seiner altehrwürdigen Marienkirche; natürlich in Waren, das im Müritzeum eine umfangreiche naturhistorische Sammlung und das größte Süßwasseraquarium Deutschlands beherbergt.

Köstlichkeiten so frisch wie nur irgendwie möglich

Wer mag, kann unterwegs angeln. Einfacher ist es aber, die Fische fertig geräuchert, gebacken, gegrillt oder mariniert auf den Teller zu bekommen. Auf den Speisekarten der Restaurants sind Schleie, Saibling, Aal, Maräne, Hecht, Zander und Stör die Renner. Zahllose kleine Räuchereien und Läden in den Häfen bieten Fischhäppchen zum Mitnehmen an.

In Waren machen wir nach einer Woche wieder fest — als (fast) perfekte Skipper. Der nette Mann vom Jachtverleih hat unser Schiff bei der Rückgabe genau auf Schäden kontrolliert und nichts gefunden. Auch nicht den kleinsten Kratzer.

Info-Kasten: Bootsurlaub auf der Seenplatte

Für Hausboote auf der Mecklenburgischen Seenplatte ist kein Bootsführerschein nötig. Die Vercharterer begnügen sich in der Regel mit einer gut einstündigen Einweisung, Karten und Material zum Verhalten auf dem Wasser werden zur Verfügung gestellt. Die Preise variieren nach Größe des Boots und der Saison. Ein komfortables Boot für vier Personen kostet in der Nebensaison im Schnitt etwa 1.600 Euro pro Woche, hinzu kommen Gebühren für Wäsche, Reinigung, Hafengebühren etc. An der Müritz gibt es ein gutes Dutzend Jacht-Verleiher.

Achtung: Am besten vor der Reise beim Verleiher nachfragen, ob es noch Einschränkungen wegen Corona gibt.

Zuhause auf dem Wasser: die "Heidi" im Hafen von Plau
PLAU AM SEE - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA (dpa/gms/Joachim Hauck)/Joachim Hauck

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Entlang der Seen und Kanäle können Bootsurlauber vielerorts einkehren
RÖBEL - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA (dpa/gms/Bernd Wüstneck)/Bernd Wüstneck

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Saiblinge im Räucherofen: An der Müritz kommt der Fisch fangfrisch auf den Teller
VIPPEROW - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA (dpa/gms/Jens Büttner)/Jens Büttner

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