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Gumpenhüpfen mit Taucherbrille am Attersee

Am Attersee können Urlauber "Wandern mit Taucherbrille" buchen. Kaskaden und Naturpools sind bildschön, Rutschen und Springen ein großer Spaß. Nur der Zweck der Brille bleibt etwas rätselhaft.

Zuerst muss Gregor Bockmüller Missverständnisse ausräumen: Nein, man habe kein Canyoning light gebucht. "Uns geht es nicht um die Action des Reinspringens, sondern um die Action des Schädel-unter-Wasser-Haltens", sagt der 46-Jährige.

Klingt logisch. Bockmüllers Kerngeschäft ist es schließlich, Gästen die Unterwasserwelt zeigen, er leitet eine Tauchbasis am Attersee im Salzkammergut, dessen klares Wasser in ganz Europa berühmt ist. Dort startet auch die Tour, mit der er 2014 den Tourismus-Innovationspreis in Oberösterreich gewann: "Wandern mit der Taucherbrille".

Es ist ein strahlender Sommermorgen. Die Gäste schlüpfen in Neoprenanzüge, zwei Tauchschüler dümpeln mit ihrem Lehrer im türkisen See. "Für das Wandern mit Taucherbrille brauchen wir fünf Tage ohne Regen davor, damit der Bach ruhig genug ist", erklärt Bockmüller.

Im Grunde bietet er an, was die Einheimischen seit jeher tun: Wenn es im Sommer trubelig wird am See, weichen sie gerne in die ruhigen Gimbach-Kaskaden aus. Und manche nehmen zum Baden ihre Taucherbrille mit - denn Tauchen ist Volkssport am Attersee.

Fotogene Naturpools

"Wir gehen am Feierabend tauchen, wie man woanders Fußball spielt", sagt Benedikt Pedevilla. Der 25-Jährige ist Tauchlehrer und führt an diesem Tag die Wasserwandertour. "Ich habe selbst Höhenangst. Aber die Sprünge sind nur maximal vier Meter tief, das taugt auch mir." Pedevilla verteilt Anzüge, Schuhe und Handschuhe aus Neopren, dazu Taucherbrille und Schnorchel. Und eine Plastikschürze, die unter das Gesäß geschnallt wird, "um die Anzüge beim Rutschen zu schonen."

Eine kurze Fahrt im Minibus, schon steigt die Gruppe über einen steilen Pfad den Bergwald hinauf. Als Vorgeschmack sieht man durch die Bäume immer wieder die Treppe aus gelbgrünen Naturpools. Die fotogene Färbung verdanken sie Algen, die auf dem Fels wachsen.

Ein paar Wanderer kommen entgegen und lächeln amüsiert, kein Wunder bei dem Aufzug. Man watschelt in Neoprenschuhen, die Anzüge sind bis zur Hüfte herunter gerollt. Dennoch fangen alle schnell an zu schwitzen. "Ihr bekommt bald eure Abkühlung", verspricht Pedevilla.

Hinter einer Brücke geht es die Böschung hinab, unten im Bachbett ziehen sich alle eilig das Oberteil ihres Anzugs und die Kapuze über und gleiten ins Wasser. Eiskalt läuft es unter das Neopren. "Jetzt sind alle wach", stellt Pedevilla fest und hat damit Recht.

Vorsichtig tapsen seine Schützlinge über die glitschigen Steine flussabwärts und hopsen in die ersten Gumpen, wie Österreicher die vom Wasser geschliffenen Pools nennen. Auf moosgepolsterten Felsen wachsen Gras und Blumen, von einer Steinbrücke hängen Stalaktiten. Rutschig seien besonders die ganz hellen und die ganz dunklen Steine, warnt Benedikt Pedevilla: "Moos ist euer Freund."

Mut zum Rutschen

Das Herumtapsen im Bach ist leichter als gedacht. Langsam schlägt die Vorsicht in Übermut um. Vergnügt glitschen die Mitwanderer über rundgewaschene Steinstufen und lassen sich rücklings in Becken treiben. Bis sie zur ersten Rutsche kommen: einer einschüchternd schäumenden Felsrinne.

"Arme über die Brust, Beine zusammen und gestreckt bleiben", ruft Pedevilla. Und schon rutscht er voraus. Es kostet ein wenig Überwindung, der allein von Naturgewalten geformten Rinne zu vertrauen. Aber dann saust man erstaunlich geschmeidig hinab, ohne harten Aufschlag. "Das war der entspannte Spaziergang", sagt Pedevilla unten. "Jetzt wird's abenteuerlich."

Die von Farnen und Wald bewachsenen Hänge werden steiler und schieben sich zu einer Schlucht zusammen. Unter einer überhängenden Felswand hüpft man von Gumpe zu Gumpe abwärts. Die Füße sind mittlerweile taub vor Kälte, aber die Schönheit der Schlucht und der Spaß am Springen und Rutschen lassen einen das Frieren vergessen.

Kopf über Wasser ist spannender

Unter einem Wasserfall wartet Benedikt Pedevilla, um allen Gästen das tiefe Becken darunter zu zeigen. Man sieht die gelbliche Wand in der Tiefe verschwinden. Luftblasen wirbeln wie in einem gigantischen Wassersprudler durcheinander. Zum ausgiebigen Schnorcheln aber ist der Bach zu kalt. Und außer Kies und Fels hinter einem Gelbfilter gibt es ehrlich gesagt auch wenig zu sehen.

Vor zehn Jahren seien in den unteren Quelltöpfen noch deutlich mehr Bachsaiblinge und Forellen zu sehen gewesen, hat Gregor Bockmüller den Gästen am Morgen erklärt. "Aber mehrere große Hochwasser haben sie rausgespült." Da der Bach heute nicht mehr bewirtschaftet wird, wurden keine neuen Fische eingesetzt.

Zumindest ein paar herabgestürzte Baumstämme geben ein hübsches Schnorchelmotiv ab. Mit jedem Hochwasser verändere sich die Schlucht, sagt Pedevilla. Ab und an warnt er vor einem Fels, der sich unter Wasser versteckt, und erklärt, wo genau man hinspringen soll. Oder dass man an einer bestimmten Stelle mit gebeugten Knien landen soll.

Für die letzte halbe Stunde weitet sich die Schlucht, alle dürfen nun frei über die Pool-Treppe tollen. "Jetzt könnt ihr eure Restwärme verbrauchen", sagt Pedevilla. Verlockender ist es aber, endlich die nasskalten Schuhe auszuziehen und die Zehen in die Sonne zu strecken.

Die zwei jungen Einheimischen, die gerade das Bachbett herab kommen, sind offenbar unverfrorener. Statt eines Neoprenanzugs tragen sie Badehosen und dünne Lycra-Shirts. Man erschaudert. Und stößt mit Bier aus dem Minibus auf die Gaudi des Schädel-unter-Wasser-Haltens an. Richtig getaucht wird dann lieber morgen. Mit mehr Restwärme.

Auf der Gumpenwanderung mit Taucherbrille geht es von Naturpool zu Naturpool
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Das Wasser des Attersees zeigt sich aus der Luft in fast schon karibischen Farben
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Der Attersee lockt Ruhesuchende, aber auch Wassersportler
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