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Halbinsel Setúbal: Geheimes Juwel vor den Toren Lissabons

Darf es ein Geheimtipp für Portugal sein? Direkt vor den Toren Lissabons liegt die Setúbal-Halbinsel. Sie bietet einsame Naturparks, hübsche Dörfer, lange Strände, köstliche Weine und herrliches Essen.

Im Mercado do Livramento in Setúbal läuft Besuchern das Wasser im Mund zusammen. Jedenfalls, wenn sie Fisch mögen. Hier gibt es frischen Kabeljau, Tintenfische, Seezunge, Wolfsbarsch, Goldbrassen, Sardinen, auch Entenmuscheln, Austern und die furchterregenden schwarzen Degenfische.

Alles kommt fangfrisch aus der Bucht von Setúbal, beteuert eine Verkäuferin. Nirgendwo in Portugal bekomme man besseren Fisch. Es fällt nicht schwer, ihrer Werbung Glauben zu schenken. Setúbal war bis vor wenigen Jahrzehnten Portugals wichtigster Fischereihafen, sein gut sortierter Fischmarkt hat Seltenheitswert. In der riesigen Markthalle zwischen Hafen und Altstadt reihen sich Hunderte Meter weiterer Stände, zum Beispiel mit Fleisch, Obst und Gemüse.

Geheimtipp vor den Toren Lissabons

Für die renommierte Zeitung "USA Today" ist der Mercado do Livramento einer der besten Märkte der Welt. Umso verwunderlicher, dass kein einziger Tourist mit seiner Fotokamera durch die Halle irrt. Der Markt ist das beste Beispiel dafür, dass es selbst in einem beliebten Reiseland wie Portugal noch Regionen gibt, die als touristischer Geheimtipp bezeichnet werden können. Noch überraschender ist, dass sich diese Region direkt vor den Toren Lissabons befindet.

Ausländischen Urlaubern ist die Setúbal-Halbinsel im Süden der portugiesischen Hauptstadt kaum bekannt. Dabei braucht man nur auf der Vasco-da-Gama-Brücke den Tejo-Fluss überqueren.

Die ruhige Hafenstadt Setúbal auf der anderen Seite der Halbinsel liegt nur 50 Kilometer von Lissabon entfernt. Ein architektonisches Schmuckstück, gleichzeitig jedoch herrlich unprätentiös: alte Stadtpaläste, verträumte Plätze mit Steinbrunnen, enge Gassen.

Das Franziskanerkloster Convento de Jesus aus dem Jahre 1492 gilt als erstes Bauwerk in Portugals manuelinischem Stil. Es beherbergt heute das Stadtmuseum und Sakralkunst ab dem 15. Jahrhundert. In der Casa da Baía, im Haus der Bucht, erzählen archäologische Fundstücke von der über 2000 Jahre alten Stadtgeschichte. Hoch über der Stadt thront die mächtige Festungsanlage von São Felipe aus dem 16. Jahrhundert.

Steilklippen und Dinosaurier-Fußabdrücke

Von der imposanten Burg schweift der Blick auf den Atlantik und das steil ins Meer abfallende Küstengebirge der Serra da Arrábida. Der Naturpark ist ein Paradies für Wanderer und Mountainbiker.

"Leider wissen die meisten Lissabon-Besucher gar nicht, was sie hier verpassen", sagt Fernanda Chagas, während Amandio den Jeep durch das unwegsame Gelände des Küstengebirges lenkt. Das Ehepaar kennt die Region bestens und bietet Kultur- und Naturausflüge in die Serra da Arrábida an. Heute bringen Fernanda und Amandio ihre Gäste in den äußersten Südwesten der Halbinsel zum Kap Espichel.

Nach einer kurzen Wanderung erreicht die Gruppe die Steilklippen. Fast 170 Meter stürzen die Felsen ins Meer hinab. Fernanda kniet nieder und weist auf riesige, ovale Einbuchtungen im Kalksteinboden hin. "Laut Fischerlegenden sind es die Spuren des Maultiers der Heiligen Jungfrau Senhora do Cabo. Tatsächlich handelt es sich aber um Fußabdrücke, die hier bis zu 30 Meter große Dinosaurier vor rund 150 Millionen Jahren hinterließen", erklärt sie.

Paläontologen des portugiesischen Zentrums für Geo- und Urgeschichte (CPGP) fanden in der Umgebung 614 weitere Abdrücke - laut den Forschern die größte Anzahl von Dinosauriern-Fußabdrücken aus der Kreidezeit in Portugal. Nicht weit entfernt befindet sich der markante Leuchtturm aus dem Jahre 1790. Der erste Leuchtturm wurde an dieser Stelle bereits 1430 in Betrieb genommen.

Heiligkeiten und Hollywood

Daneben ordnete König Peter II. 1701 den Bau der barocken Wallfahrtskirche Igreja de Nossa Senhora do Cabo mit beeindruckend perspektivischen Deckenmalereien an. Neben Fátima ist das Kloster-Ensemble einer der wichtigsten Wallfahrtsorte Portugals.

Davon zeugen die zahlreichen Pilgerunterkünften. Leider sind die Gebäude aber zum Teil dem Verfall preisgegeben, was Fernanda Chagas auf die ausbleibenden Besuchermassen zurückführt. Neben der Klosterkirche thront am Klippenrand die Ermida da Memória aus dem 15. Jahrhundert. Im Inneren der kleinen Kapelle mit ihrem zwiebelförmigen Dach erzählen weiß-blaue Kachelbilder die Geschichte einer Jungfrau, die hier einst den Fischern erschienenen sein soll.

Kap Espichel ist ein besonderer Ort voller Legenden und Geschichten. Hollywood verliebte sich in das wildromantische Kap mit dem spektakulär am Abgrund liegenden Kirchenbauten. Bille August verfilmte hier Isabel Allendes "Geisterhaus" mit Jeremy Irons, Glenn Close und Meryl Streep. Moritz Bleibtreu und Cameron Diaz drehten am Kap Filmszenen zu "The Invisible Circus". Wim Wenders verewigte die einzigartige Landschaft in seiner "Lisbon Story".

Von kleinen und großen Fischen

Auch Sesimbra ist filmreif, wenngleich hier keine Hollywood-Filme gedreht wurden. Der Ort liegt nicht weit vom Kap entfernt und ist bekannt für seinen langen Sandstrand und gute Fischrestaurants.

Für die gute Qualität spielen mehrere Faktoren eine Rolle, erklärt die Meeresbiologin Catarina Gómez: "Die vom Golfstrom beeinflusste Wassertemperatur, die gute Wasserqualität, vor allem aber die vielen Nährstoffe, die aus der schlammigen Flussmündung des Sado in die Gewässer vor Sesimbra gespült werden."

Dadurch ist die Bucht von Setúbal derart fischreich, dass nicht nur regelmäßig Orcas und andere Wale vorbeischauen, sondern sich auch riesige Delfinfamilien permanent hier aufhalten. Man kann sie gelegentlich sogar an Sesimbras Strand vorbeiziehen sehen.

Wer die großen Tümmler aus nächster Nähe sehen möchte, ist nur einen Bootsausflug entfernt. "In 98 Prozent aller Ausfahrten sehen wir die Delfine. Derzeit ist es eine Gruppe von 28 Delfinen mit zwei Jungen", berichtet Meeresbiologin Gómez, die bei Ausflügen dabei ist.

Allein die Bootsfahrt durch die Bucht lohnt sich. Die Naturstrände sind umgeben vom Grün der Serra de Arrábida. Die Praia dos Galpinhos wurde 2017 als schönster Naturstrand Europas ausgezeichnet. Auf der Tróia-Halbinsel gegenüber lockt hinter dem Dünenmeer mit Pinien einer der längsten Sandstrände Europas - er misst 13 Kilometer.

Der Leuchtturm am wilden Espichel-Kap thront über den Klippen
--- - PORTUGAL: FOTO: APA/APA/dpa/gms/Manuel Meyer/Manuel Meyer

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Käsemeister Rui Simões bei der Arbeit - für die er schon mehrere Preise gewonnen hat
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Am Strand von Sesimbra haben es sich ein paar Sonnenhungrige gemütlich gemacht
SESIMBRA - PORTUGAL: FOTO: APA/APA/dpa/gms/Manuel Meyer/Manuel Meyer

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