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Im Seemannshotel in Hamburg

In Hamburg können Reisende dort übernachten, wo sonst nur raue Seeleute unterkommen - im Haus der Seemansmission.

Ein voll aufgetakeltes Segelschiff auf dem Unterarm, kleinere Tattoos wie Kompass und Anker etwas versteckter, dazu Vollbart und Fischerhemd – das Outfit von Fiete Sturm würde jedem Seemann zur Ehre gereichen. Der 38-Jährige spielt bewusst mit dem Klischee. Sturm ist Diakon, seit 2015 leitet er das Haus der Deutschen Seemannsmission am Holzhafen in Hamburg-Altona.

Die 36 Zimmer in dem fünfstöckigen Backsteinbau an der Großen Elbstraße waren früher ausschließlich für Seeleute reserviert. Die haben auch heute noch Priorität. Wenn allerdings Betten frei sind, was fast immer der Fall ist, dann können hier auch Touristen und Geschäftsreisende, Messebesucher und Backpacker einchecken.

Blick bitte hinten raus

Bei der Zimmerwahl kommen sich Touristen und Seeleute kaum ins Gehege. Die Seeleute belegten gern die Zimmer nach hinten raus, berichtet Sturm. "Weil sie sagen, Wasser und Container, das ist für mich Arbeit, das sehe ich den ganzen Tag." Der Tourist bekommt also in der Regel das gewünschte Zimmer nach vorne raus, ohne viel Schnickschnack, oft auch ohne Fernseher, dafür mit "Hafenkino".

Wer aus dem Fenster schaut, sieht links das Werftgelände von Blohm & Voss, gegenüber das Kreuzfahrtterminal Steinwerder und rechts die Kräne für das Entladen der 400-Meter-Stahlgiganten. Und im Hintergrund spannt sich die Köhlbrandbrücke über die ganze Szenerie.

Die Lage ist das große Plus des Hauses. Reeperbahn und Landungsbrücken sind zu Fuß in einer guten Viertelstunde zu erreichen, der Fischmarkt liegt vor der Tür.

Die Hafengegend wurde aufgewertet

Die Gegend wandelt sich. Wo früher ein Brachgelände mit Parkplätzen und Straßenstrich war, haben sich teils hochpreisige Geschäfte und Restaurants angesiedelt. An alte Zeiten erinnern noch zwei restaurierungsbedürftige Wippkrane vor der Seemannsmission, mit denen früher Stückgut entladen wurde.

Der Container hat die Arbeit im Hafen grundlegend verändert, auch die Arbeit der Seemannsmission. Die Liegezeiten werden immer kürzer, die Seeleute kommen kaum noch von Bord. Also besuchen die Mitarbeiter der Seemannsmission sie auf ihren Schiffen. Oder holen sie mit dem Bus ab und bringen sie zum Duckdalben, einem Seemannsclub mitten im Hafen.

Aufs Jahr gesehen machen aktive Seeleute aber auch in dem Haus in Hamburg-Altona immer noch 75 Prozent der Gäste aus, sagt Fiete Sturm. Es sind vor allem Filipinos, deren Vertrag beginnt oder endet.

Ein Zuhause für eine Nacht

Sturm will den Seeleuten "ein Stück Heimat" bieten, mit WLAN und den gerade bei Filipinos beliebten Schweinekrusten-Chips. Die gibt es im Keller, dort ist der Club, das "Herz vom Haus". Hier hat man auch als Tourist die Chance, mit einem Seemann ins Gespräch zu kommen.

Um die Schifffahrt und damit auch um das Haus macht sich Sturm keine Sorgen. Agenturen und Reedereien werden auch in den Zukunft Zimmer buchen. Gleiches gilt für ein weiteres Haus der Seemannsmission in Hamburg. Es liegt am Krayenkamp, im langen Schatten des Michel. Hier ist knapp die Hälfte der 83 Zimmer dauerhaft von Seeleuten belegt.

Und auch in Bremerhaven, der zweitgrößten deutschen Hafenstadt, ist für Touristen im Seemannshotel "portside" fast immer ein Zimmer frei. Und auch in einigen ausländischen Häfen, zum Beispiel in Amsterdam und New York, können Touristen in Seemannsheimen übernachten. Derzeit müssen Reisende allerdings die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie inklusive Beherbergungsverboten beachten.

Viele kommen aus Südostasien: Seeleute in der Seemannsmission Duckdalben
HAMBURG - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA (dpa/gms/Wolfgang Stelljes)/Daniel Bockwoldt

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Der Hafenblick aus einem Zimmer des Seemannshotels in Hamburg-Altona
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St. Pauli mit seinen Bars liegt nicht weit von der Seemannsmission entfernt
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