Im tropischen Regenwald von Costa Rica

Der Tortuguero-Nationalpark ist ein Naturparadies und lockt viele Reisende an
Wer tropischen Regenwald wie aus dem Bilderbuch erleben möchte, sollte sich auf den Weg nach Tortuguero im Nordosten Costa Ricas machen. Doch das Dschungelparadies in Zentralamerika ist in Gefahr.

Langsam gleitet das Kanu auf dem schmalen Seitenarm des Tortuguero durch den Regenwald. Es ist kurz nach Sonnenaufgang. Auf beiden Seiten säumen meterhohe Bäume die Ufer, Vögel rufen.

Barbara Hartung schaut in die Baumkronen und schnuppert. "Ich kann Brüllaffen riechen", flüstert die Touristenführerin. "Die müssen hier irgendwo sein." Und tatsächlich: Hinter der nächsten Biegung hängen zwei Brüllaffen direkt über den Köpfen der Besucher in den Bäumen. Willkommen im Tortuguero-Nationalpark in Costa Rica.

In dem Schutzgebiet an der Karibikküste bekommen Touristen das Spektakel einer einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt geboten: Laut schreiende Papageien fliegen über die Baumwipfel, Klammeraffen schwingen sich von Ast zu Ast. Im dunklen Wasser schwimmen lautlos Kaimane. Und ab und zu döst ein Krokodil auf einer Sandbank.

Ruhe in der Natur

"Das Besondere hier ist die Kombination aus Wasser, Wald, Strand und Schildkröten. Außerdem gibt es hier keine Autos, sondern nur Boote", erklärt Diplom-Biologin Hartung. "Diese Ruhe macht Tortuguero einmalig." Die Deutsche ist 1995 nach Costa Rica ausgewandert und hat hier ihre Berufung gefunden. Die 55-Jährige aus Donaueschingen bietet überwiegend deutschsprachigen Touristen Kanutouren und Wanderungen durch den Regenwald an und zeigt ihnen die Wunder der Natur.


Die Erkundung des Regenwaldgebietes ist nur per Boot möglich

"Ich versuche die Aufmerksamkeit meiner Gäste zu schärfen, Geräusche und Gerüche wahrzunehmen und nicht nur Betrachter zu sein, sondern sich als Teil der Natur zu fühlen", sagt Hartung.

Einer der Gäste ist der 29-jährige Matthias, dessen Erwartungen bei der Dschungeltour übertroffen wurden: "Ich konnte mich kaum satt sehen, man fühlt sich hier wie in einer anderen Welt." Die Abgeschiedenheit führe dazu, dass man sich ein bisschen wie auf einer Insel fühle, weit weg vom Rest Costa Ricas.

Tourismus auf dem Vormarsch

Die Reize des abgeschiedenen Tropengebiets haben sich allerdings herumgesprochen. Viele Reiseveranstalter bieten inzwischen Touren in den Nationalpark an - obwohl die Anreise immer noch beschwerlich ist.

Mit dem Auto kommt man bis Pavona. Von dort fährt man rund 90 Minuten mit seinem Gepäck in einem kleinen Motorboot über Flüsse bis zum Nationalpark. Dort haben sich am Ufer inzwischen viele Lodges und Hotels angesiedelt, mit eigenen Anlegeplätzen, denn man kommt über das Kanalsystem nur mit einem Boot vorwärts.


Entdeckung im Dschungel: ein Rotaugenlaubfrosch

Mit den Touristen hat sich die Infrastruktur verbessert: Während früher nur einmal in der Woche ein Arzt in die Gegend kam, ist die medizinische Versorgung heute komplett gewährleistet. Dafür ist die Entsorgung der Abwässer zum Problem geworden.

Das beschauliche Dorf Tortuguero mit rund 600 Einwohnern liegt direkt an der Karibikküste und besteht aus ein paar Restaurants, Geschäften und Unterkünften aller Art. Vor allen Dingen ist hier die Anlegestelle für die Wassertaxis, ohne die man sich in dem Flussdelta gar nicht fortbewegen kann. Für zwei US-Dollar pro Person kann man sich bis spät abends nach einem Bummel durch den Ort in die umliegenden Lodges an den Seitenarmen des Flusses fahren lassen.

Meeresschildkröten am Strand

Ein besonderer Besuchermagnet für den 1975 eingerichteten Nationalpark sind die Meeresschildkröten, die an dem schmalen Küstenstreifen ihre Eier im Sand vergraben. Am besten kann man sich dieses Naturwunder in der Nacht anschauen, allerdings nur zwischen Juli und Oktober. Dann sind die Unterkünfte im Nationalpark auch voll und die Übernachtungspreise am höchsten.

In vielen Reiseprospekten wird vor allen mit den Meeresschildkröten geworben, der eigentliche Star von Tortuguero ist aber der Regenwald. Doch auch dieses geschützte Paradies ist in Gefahr.

"Wir haben hier zunehmend Probleme mit Wilderern, ich habe schon ausgelegte Köder gesehen, mit denen illegal Kaimane gejagt werden", erzählt Hartung. Außerdem versuchten Leute von außen eine illegale Straße durch den Nationalpark nach Tortuguero zu bauen. Zwar gibt es auch Ranger, die den Nationalpark bewachen und vor Wilderern schützen sollen. "Aber davon gibt es definitiv zu wenig."

Schildkröte am Strand von Costa Ricas Karibikküste

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