APA - Austria Presse Agentur

Sicher surfen unter Windows 10

Wer Windows 10 nutzt, hat auch automatisch den Defender als Viren-Abwehrprogramm an Bord. Doch reicht das? Experten zufolge ist der Schutz gut - aber auch etwas lückenhaft.

Die Online-Zeit steigt unaufhörlich an. Immer mehr Dinge des täglichen Lebens werden über Geräte abgewickelt, die mit dem Internet vernetzt sind. Damit wächst auch die Gefahr, dass schadhafte Software auf dem Rechner landet, etwa via E-Mail.

Allein bis Ende Juni 2021 hat das AV-TEST Institut, ein deutsches Forschungsinstitut für IT-Sicherheit, 1.242 Millionen Malware-Anwendungen registriert. Täglich kämen rund 350.000 neue Schadprogramme dazu. Dabei werde die Qualität etwa von Spam-Mails immer professioneller.

"Wenn Cyber-Kriminelle einen ganzen Rechner kapern, können sie auch die Kontrolle über das Mailsystem übernehmen. Dann erkennt man unerwünschte Mails oft nur an fehlerhaften Formulierungen. Oft sind die Mails auch in Englisch", erklärt Andreas Marx von AV-TEST.

Insgesamt könne man sagen, dass sich die Zahl an Schadprogrammen auf einem hohen Niveau eingependelt habe. Gleichzeitig steige die Zahl von Erpressungen. "Es fließt immer mehr Geld an kriminelle Hacker", sagt Marx.

Gratis, guter Schutz, aber wenige Extras

Schutz vor Trojanern, Spyware und anderen Bedrohungen aus dem Netz sollen Antivirus-Programme bieten. Wer das Betriebssystem Windows 10 nutzt, hat hierzu automatisch den Windows Defender mit an Bord. Dem allerdings eilt der Ruf voraus, nicht die beste Sicherheit zu bieten.

Zu Unrecht, sagt Jan Schüßler von der Fachzeitschrift c't: "Der Defender von Windows ist im Lauf der Jahre immer besser geworden und vom Schutzniveau her sicherlich auf einem Level mit anderen Antivirus-Programmen wie Norton oder Kaspersky."

Im Vergleich mit anderen Antivirus-Anwendungen müsse zudem beachtet werden, dass der Defender nichts extra koste. "Zudem sieht der Nutzer nicht ständig Werbung für eine Kaufversion, was bei Gratis-Versionen anderer Antivirus-Programme oft der Fall ist", sagt Schüßler.

Auch die Zeitschrift "Computer Bild" bescheinigt dem Defender im Vergleichstest einen guten Schutz, sieht aber noch Luft nach oben: "Komplett mithalten kann der mitgelieferte Schutz von Microsoft nicht, denn es gibt nur wenige Extras. Zudem sind die Einstellungen sehr versteckt, weswegen das Programm für Laien nicht empfehlenswert ist", urteilt Andy Voß von der "Computer Bild". So biete der Defender keine VPN-Funktion, die für anonymes Surfen benötigt wird.

Auch Zusatzfunktionen wie einen Schwachstellen-Scanner und einen Update-Checker gibt es laut dem Experten nicht. Ein Passwortmanager gehört ebenfalls nicht zum Leistungsumfang. Daneben schützt der Defender nicht vor Spam-Mails.

"Der Defender bietet insgesamt einen guten, aber doch eher rudimentären Schutz, denn er wehrt ausschließlich Schadsoftware wie Viren ab. Vor unerwünschten Mails schützt er nicht", sagt Marx. Unterm Strich empfiehlt der Experte das Programm nur Nutzern, die mit ihrem Rechner eher wenig online sind und beispielsweise kein Online-Banking machen.

Warum die Popularität ein Problem ist

Die starke Verbreitung des Microsoft Defender könnte zudem dazu führen, dass sich die Zahl gezielter Hackerangriffe erhöht. "Je mehr User ihn nutzen, desto interessanter wird er auch für Angriffe. Das ist schon immer der Nachteil einer so großen Plattform wie Windows gewesen", sagt Schüßler. Denn wenn Angreifer einmal ein Schlupfloch gefunden hätten, seien gleich eine Vielzahl an Systemen potenziell gefährdet - und die Erfolgsaussichten für Attacken größer.

Aufgrund des eingeschränkten Schutzschirms rät AV-Test dazu, ein umfassenderes Virenschutzpaket eines anderen Herstellers zu installieren. "Das kostet vielleicht drei bis fünf Euro pro Monat, bietet dann aber einen sehr guten Rundumschutz und kann je nach Leistungsumfang auch im gesamten Familienkreis genutzt werden", sagt Marx. Im Vergleich dazu bieten die Komplettpakete vieler Anbieter die Möglichkeit, den Schutz auf weitere Endgeräte wie Tablets oder Smartphones auszudehnen.

"Es gibt natürlich die Möglichkeit, das auch mit Programmen unterschiedlicher Hersteller zu machen. Da aber fast alle Hersteller Schutzpakete mit Lizenzen für verschiedene Geräte anbieten, lohnt es sich vor allem finanziell, hier auf einen Anbieter zu setzen", sagt Voß. Den Defender-Schutz durch ein zweites Antivirusprogramm zu erweitern, funktioniert nicht. "Installiert man ein anderes Schutzprogramm, deaktiviert sich der Windows Defender automatisch", erklärt Voß. Gleichzeitig aber springt der Defender auch automatisch ein, wenn etwa die Lizenz des anderen Antivirusprogramms abgelaufen ist. Ein Windows 10-User ist also nie komplett schutzlos der Schadsoftware aus dem Internet ausgesetzt.

Defender als Ergänzung nutzen

Möglich ist aber die Ergänzung eines anderen Schutzprogramms durch den Defender. Dadurch würden sich Schüßler zufolge auch keine Leistungseinschränkungen ergeben. "Es gibt dann beispielsweise die Möglichkeit, mit dem neu installierten Antivirusprogramm den Live-Scan durchführen zu lassen und mit dem Defender bestimmte Ordner zu überprüfen", sagt Schüßler. Dies sei mit einem Rechtsklick auf den betreffenden Ordner möglich. Was die Aktualität betrifft, haben User sowohl mit dem Defender als auch mit allen anderen Antivirusprogrammen stets einen guten Schutz. "Man kann in den Software-Aktualisierungen sehen, wie oft der Schutz erneuert wird. In der Regel wird ein Virenscanner mehrmals täglich upgedatet", sagt Schüßler.

Deutlich langsamere Rechenzeiten durch die Antivirenprogramme muss heute übrigens keiner mehr befürchten. "Grundsätzlich bremst ein Schutzprogramm den Rechner immer ein bisschen ein. Wenn große Dateien kopiert werden, kann das auch etwas länger dauern. Aber die Performance sackt nicht dramatisch ab", sagt Schüßler.