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So individuell ist der Energiebedarf

Ob zum Abnehmen, für die Leistungsfähigkeit oder um das Gewicht zu halten, kann es sinnvoll sein, den täglichen Energiebedarf zu kennen. Aber wie ermittelt man diesen Wert?

Wie viel Energie der Körper am Tag braucht, hängt von einigen Faktoren ab. Dazu gehört auch das Geschlecht. "Der Energiebedarf ist bei Männern und Frauen unterschiedlich aufgrund ihrer Körperzusammensetzung", erklärt die Diätassistentin Sara Ramminger. Männer haben in der Regel eine höhere Muskelmasse und weniger Körperfett. Da Muskeln mehr Kalorien verbrauchen, ist der Bedarf bei Männern höher.

Auch die Organe spielen eine Rolle. "Die Organe bestimmen tatsächlich den größten Teil des Energieumsatzes", sagt die Ernährungsmedizinerin Anja Bosy-Westphal. Obwohl sie nur etwa sechs Prozent des Körpergewichts ausmachten, seien sie für 70 Prozent des Energieverbrauchs in Ruhe verantwortlich. Im Alter ist der Energieverbrauch niedriger, weil man weniger Muskelmasse, aber mehr Fett hat. Außerdem schrumpfen die Organe etwas.

Entscheidend ist darüber hinaus die Bewegung. Wer den ganzen Tag am Schreibtisch sitzt, hat einen niedrigen Energieverbrauch und sollte dementsprechend weniger essen. "Wer dagegen Freunden beim Umzug hilft, hat einen hohen Energiebedarf, aber auch einen hohen Energieumsatz und dürfte also auch mehr essen", sagt Bosy-Westphal.

Rechnen mit Faustformeln

Um den Energiebedarf individuell zu bestimmen, gibt es den Expertinnen zufolge mehrere Möglichkeiten. Zum einen lässt sich der Energieumsatz unter körperlicher Belastung messen. Allerdings wird ein solcher Test meist nur im Leistungssport gemacht. Eine andere Option sind Faustformeln und Berechnungen. Der Ruheenergieverbrauch gibt an, wie viel Energie ein Mensch an einem Tag benötigt, wenn er sich nicht bewegt.

"Die Schätzformeln sind üblicherweise genau genug für den Alltag", meint die Medizinpädagogin Sabine Ohlrich-Hahn, Vizechefin des Verbandes der Diätassistenten. Für den Ruheenergiebedarf besagt eine Faustregel, dass pro Kilogramm Körpergewicht und Stunde eine Kilokalorie benötigt wird. Eine Person mit 70 Kilogramm hätte dann einen Ruheenergiebedarf von 1680 Kilokalorien am Tag.

Für den Gesamtenergiebedarf können Normalgewichtige laut Ohlrich-Hahn als groben Richtwert ihr Körpergewicht mit 30 malnehmen. Der 70 Kilogramm schwere Mensch hätte dann einen Gesamtenergiebedarf bei körperlicher Aktivität von 2100 kcal. Für eine genauere Berechnung empfiehlt Ökotrophologin Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) die interaktive Energiebedarfsrechnung der Uni Hohenheim.

Um eigenständig den Gesamtenergieverbrauch zu berechnen, braucht man den Ruheenergieverbrauch und den PAL-Wert. PAL steht für "Physical Activity Level", also die körperliche Aktivität. Für den Tageskalorienbedarf wird der PAL-Wert mit dem Ruheumsatz multipliziert. Für den PAL-Wert zwischen 1,2 und 2,0 muss man realistisch einschätzen, wie viel man sich am Tag bewegt.

Wer meist am Schreibtisch sitzt, kann etwa einen Wert von 1,4 bis 1,5 veranschlagen. Vier bis fünf Mal die Woche schweißtreibender Sport lässt den Wert um 0,3 steigen. "Wünschenswert aus gesundheitlicher Sicht wäre ein Wert von 1,6-1,7", sagt Ohlrich-Hahn. Eine zusätzliche Orientierung bieten die Richtwerte für die Energiezufuhr der DGE.

Viel Bewegung ist wichtig

Für das tägliche Essverhalten heißt das: Gesundes Essen wird umso wichtiger, je inaktiver der Lebensstil ist. "Für die hochverarbeiteten, energiedichten und ballaststoffarmen Lebensmittel, wie wir sie heute essen, muss man sich sehr viel bewegen, um das Gewicht halten zu können und keine Stoffwechselprobleme zu entwickeln", betont Bosy-Westphal.

Die meisten Kalorien liefert Fett: etwa 9 Kilokalorien sind es laut Antje Gahl pro Gramm. Bei Proteinen und Kohlenhydraten sind es rund 4, bei Alkohol 7 und bei Ballaststoffen 2 Kilokalorien pro Gramm. Für ein normales Frühstück und Abendessen kann man mit etwa 400 bis 500 Kalorien rechnen, ein Mittagessen schlägt mit bis zu 700 kcal zu Buche.

Für die Umrechnung des täglichen Sportpensums in Kilokalorien finden sich zahlreiche Tabellen im Netz. Zwar bieten sie wie Pulsuhren oder Fitnesstracker nur grobe Anhaltspunkte. "Die können aber ein gutes Tool zur Motivation sein", findet Bosy-Westphal. "Wer abnehmen will, muss eine dauerhaft negative Energiebilanz erreichen", erklärt Ohlrich-Hahn, also weniger Energie über die Nahrung aufnehmen als der Körper verbraucht.

Auch dann sollte allerdings der Ruheenergiebedarf stets gedeckt sein. Das Problem: "Der Körper schaltet in Not-Modus, der Ruheenergieverbrauch sinkt ab, wenn man dann wieder normal isst, nimmt man eher wieder zu", sagt Ramminger. Ohnehin warnt sie vor allzu viel Rechenkunst und Kalorienzählen. "Hören Sie lieber auf das Hunger-Sättigungsgefühl."

Für die Umrechnung des Sportpensums in kcal finden sich viele Tabellen im Netz
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