Unsichtbare Mitbewohner: Was Probiotika im Darm bewirken

Dem Bauch zuliebe
Bakterien, Pilze und Viren gelten meist als schädlich. Doch die Mikroben sind auch wichtig für unsere Gesundheit. Probiotika spielen dabei eine besondere Rolle - sollte man sie gezielt einnehmen?

Wir teilen unseren Körper mit unzähligen Mitbewohnern. Genauer gesagt, mit lebenden Mikroben wie Bakterien, Pilzen und Viren. Mehrere tausend Arten leben auf unserer Haut, auf unseren Schleimhäuten und vor allem in unserem Darm. Da kommt einiges zusammen: "Jeder trägt rund 1,5 Kilogramm Mikroorganismen mit sich herum", sagt Ursula Sellerberg von der Bundesapothekerkammer.

Welche Arten von Mikroben und in welcher Zusammensetzung sie in und auf uns leben, das ist von Mensch zu Mensch verschieden - und ändert sich ständig. Hygiene, körperliche Aktivität, Medikamenteneinnahme, Infektionen und die Ernährung beeinflussen das Mikrobiom und vor allem die Besiedelung des Darms, die sogenannte Darmflora.

Grundsätzlich gilt: Je vielfältiger der Darm mit Mikroorganismen, insbesondere Probiotika, besiedelt ist, desto besser sei das für die Verdauung, aber auch das gesamte Immunsystem, sagt die Ökotrophologin Astrid Donalies von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).

Diese Vielfältigkeit lässt sich durch Ernährung fördern. Donalies empfiehlt: "Man sollte sich pflanzlich betont, abwechslungsreich und ballaststoffreich ernähren sowie täglich fermentierte Lebensmittel zu sich nehmen." Pflanzlich betont, das bedeutet, dass man laut den zehn Ernährungsregeln der DGE täglich Getreide, Getreideprodukte oder Kartoffeln sowie drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst essen sollte - dazu zählen auch Hülsenfrüchte und Nüsse.

Mit fermentierten Lebensmitteln meint Donalies Milchprodukte wie Joghurt oder Kefir, die durch Milchsäuregärung hergestellt wurden. Solche Produkte enthalten besonders viele Probiotika. Gleiches gilt für Lebensmittel wie Sauerkraut oder Kimchi. Diese werden ebenfalls durch Fermentation - also durch kontrollierte Gärung - haltbar gemacht und sind eine gute Probiotika-Quelle.

Viel Zucker oder rotes Fleisch können die Mikrobiota indes aus dem Gleichgewicht bringen. Gleiches gilt für bestimmte Medikamente, etwa Antibiotika, Entzündungshemmer oder Antidepressiva, wie Apothekerin Sellerberg erklärt. Blähungen, Verstopfungen oder Durchfall sind mögliche Folgen, ebenso Müdigkeit oder Infektanfälligkeit.

Studien deuten darauf hin, dass eine ungünstige Zusammensetzung der Darmflora Auswirkungen auf andere Organe haben und Krankheiten fördern kann. "Zum Beispiel psychische Erkrankungen wie Depressionen aber auch Allergien und Diabetes werden im Zusammenhang mit der Mikrobiota gesehen", so Donalies. Welche Mikroben ungünstige oder günstige Auswirkungen haben, ist allerdings noch nicht abschließend erforscht. Außerdem kann das von Mensch zu Mensch verschieden sein.

Neben ohnehin probiotischen Lebensmitteln gibt es Produkte, denen Probiotika zugesetzt wurden. In einigen Fällen können sie hilfreich sein: Bei Durchfall, der durch die Einnahme von Antibiotika bedingt ist, oder bei einem Reizdarmsyndrom zum Beispiel.

Sellerberg warnt aber vor der unkritischen Einnahme von Probiotika in Kapselform oder als Nahrungsmittelzusatz. "Studien zeigen, dass eine langfristige Anwendung zu Fehlbesiedelungen im Darm führen kann."

Viele Lebensmittel enthalten von Natur aus Probiotika
BERLIN - DEUTSCHLAND: ILLUSTRATION - Zum Themendienst-Bericht von Elena Zelle vom 6. Januar 2021: Viele Lebensmittel enthalten von Natur aus Probiotika. Foto: Zacharie Scheurer/dpa-tmn - Honorarfrei nur für Bezieher des dpa-Themendienstes +++ dpa-Themendienst +++. - FOTO: APA/APA (dpa)/Zacharie Scheurer
Pflanzlich betonte Kost fördert die Vielfalt der Mikroorganismen
BERLIN - DEUTSCHLAND: ILLUSTRATION - Zum Themendienst-Bericht von Elena Zelle vom 6. Januar 2021: Eine pflanzlich betonte und ballaststoffreiche Kost fördert die Vielfalt der Mikroorganismen im Darm und damit auch die Gesundheit. Foto: Robert Günther/dpa-tmn - Honorarfrei nur für Bezieher des dpa-Themendienstes +++ dpa-Themendienst +++. - FOTO: APA/APA (dpa)/Robert Günther

Kommentare