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Was gegen das Hunde-Halsband spricht

Für viele Hundeexperten ist ein Brustgeschirr die bessere Alternative zum Halsband. Es schont den empfindlichen Halsbereich des Hundes - und es kann helfen, unerwünschtes Verhalten zu bekämpfen.

Wenn Claudia Tatzel ein neues Mensch-Hund-Gespann zum Erstgespräch trifft, stellt sie eine Bedingung: Falls das noch nicht der Fall ist, muss der Halter die Leine an einem Brustgeschirr befestigen - und nicht an einem Halsband. Nur dann ist die Hundetrainerin bereit, mit dem Vierbeiner und seinen Besitzern zu arbeiten.

Brustgeschirre für Hunde sind meistens aus Nylon oder Leder, ihre Gurte laufen um die Brust und den vorderen Bauch des Hundes und auf seinem Rücken zusammen. Doch auch wenn immer mehr Halter zu so einem Geschirr greifen: Das Straßenbild wird weiterhin vom Halsband dominiert. Claudia Tatzel aber ist überzeugt: Das Zerren am Halsband schadet der Erziehung des Hundes und kann seine Gesundheit gefährden. "Die Halszone ist nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Hunden sehr sensibel. Ein Zerren oder Drücken dort ist immer unangenehm", sagt sie.

Besonders gefährlich: Hunde lernen über Verknüpfungen, erklärt Tatzel. Sieht ein Tier zum Beispiel einen Jogger oder einen anderen Hund und wird es gleichzeitig über Leine und Halsband zurückgerissen, verbindet es den Schmerzreiz womöglich mit dem, was es gerade vor sich hat: mit dem Jogger oder dem Hund. Mit der Zeit können sich diese Verknüpfungen verstärken. "Das ist ein schleichender Prozess", sagt Tatzel.

"Natürlich kann man nicht immer alles auf das Halsband zurückführen. Aber dass so viele Hunde bellen und unerwünschte Verhaltensweisen zeigen, wenn sie Reize wie Jogger oder andere Hunde sehen, hängt sicher auch damit zusammen." Hinzu komme, dass das Halsband die Körpersprache des Hundes verändern kann: "Wird ein Hund zum Beispiel sehr eng am Körper röchelnd am Halsband geführt, kann er auf andere Hunde sehr bedrohlich wirken", so Tatzel.

Gudrun Feltmann-von Schroeder hat das Verhalten von Hunden und ihre Beziehung zu Menschen intensiv erforscht. Aus wissenschaftlichem Interesse zog sie auch junge Wölfe und Dingos aus einem Tierpark auf. "Beide sind total zahm geworden, und ich bin mir sicher: Wenn ich ihnen Halsbänder statt Geschirre umgelegt hätte, wäre nie Vertrauen entstanden", sagt sie.

Ein Halsband führe in der Verständigung zwischen Mensch und Hund zu Missverständnissen, ist die Expertin überzeugt. Der Ruck am Hals entspricht einem Packen und Halten: eine Geste, die ein in der Rangordnung höher stehender Hund nur im äußersten Notfall einsetzt, um einen anderen Hund zur Ruhe zu rufen und Respekt einzufordern. In der Hundekernfamilie - Mutter, Vater und Welpen - kommt so eine Geste nur sehr selten zum Einsatz.

Auch in der Familie des Haushundes, zu der seine Menschen gehören, kann dieses Ruckeln am Hals zu folgenschweren Missverständnissen führen. "Dann bin ich in einem Kampf und arbeite mit Angst", erklärt Feltmann-von Schroeder. Abhängig von ihrem individuellen Charakter könnten Hunde darauf sehr unterschiedlich reagieren: "Hunde, die sich eingeschüchtert fühlen, werden nur noch hinter ihrem Menschen gehen. Andere Tiere werden umso mehr an der Leine zerren: weil sie weg wollen, weil sie dem Druck entgehen wollen."

Die Tierärztin Petra Sindern rät allerdings, Hunde sowohl an ein Geschirr als auch an ein Halsband zu gewöhnen. "Grundsätzlich haben beide Systeme ihre Berechtigung", sagt sie. Das Zerren am Halsband könne zwar in der Tat Halsorgane oder Halswirbelsäule schädigen. Ein Geschirr wiederum könne aber auf langen Spaziergängen in den Achseln scheuern. "Außerdem können Verletzungen es notwendig machen, dem Hund eine Halskrause umzulegen", erklärt Sindern. "Diese Krausen werden in der Regel am Halsband befestigt. Wenn der Hund Halsbänder gar nicht kennt, wird das häufig schwierig." Auch bei großflächigen Verletzungen an Brust und Rücken könne es nötig sein, den Hund am Halsband statt an einem Geschirr zu führen.

Hundetrainerin Claudia Tatzel betont: Das Brustgeschirr muss passen. "Der Druckpunkt des vorderen Gurtes sollte direkt über dem Brustbein des Hundes oder etwas darunter liegen. Der hintere Gurt darf nicht zu dicht an den Achseln sitzen - er sollte aber auch nicht hinter dem Rippenbogen verlaufen." Wenn das Geschirr falsch sitzt, kann es Schmerzen bereiten. Deswegen sei es wichtig, die Größe auf den Hund gut abzustimmen, so Tatzel. "Man kann es auch relativ günstig maßanfertigen lassen."

Immer wieder hört sie die Bedenken, der Hund könne mit einem Geschirr stärker ziehen. "Es ist richtig, dass ein Geschirr mehr Auflagefläche bietet und der Hund somit mehr Kraft hat", sagt Tatzel. "Doch wenn ein Hund stark zieht, sollte der Halter die Erziehung und das Training überdenken, statt ihm über ein Halsband Schmerzen zuzufügen."

Ein Brustgeschirr ist die bessere Alternative zum Halsband

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