Unsere Kommentar-Kultur auf Instagram & Co. folgt ganz eigenen Regeln, welche auch oft ignoriert werden.

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Unsere Kommentar-Kultur ist krass, aber Kunst!

Bevor wir einen Kommentar absetzen, muss uns etwas emotional gepackt haben, sonst würden wir uns die Mühe nicht machen. Wie leicht bist du zu packen?
Dario Bojic

Immer, wenn ich auf Instagram oder Twitter meine Zeit verbringe, richten sich meine Augen auf ein eher unscheinbares Detail: Wie viele Kommentare hat ein Beitrag? Wie kontrovers und hitzig wird aktuell in den Kommentaren diskutiert, ob denn nun Klima-Aktivist:innen oder Identitäre die Schuld an der schlechten (oder doch wunderbaren?) Situation in Österreich haben? Oft halte ich schon nach besonders kontroversen Themen Ausschau, nur um die verbalen Gefechte unter dem eigentlichen Post zu verfolgen. Ist das nicht eigentlich verwerflich?

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Unsere Kommentarkultur ist Kunst!

Ich bin mit Sicherheit nicht die einzige Person, die in den Kommentaren, zusätzlich zum eigentlichen Posting, noch Extra-Content sieht. Als Kind habe ich gelernt und gelebt: "Im Internet hat jeder große Eier", und schon auf YouTube war die Kommentar-Sektion eine ganz eigene Welt. Die mangelnde direkte Konfrontation veranlasst Menschen vielleicht, die eigenen Zügel deutlich lockerer zu halten – die wütenden Finger werden schon ganz unruhig, wenn die "Zeit im Bild" mal wieder einen neuen Post auf Instagram abgesetzt hat. 

Gleichzeitig ist es Kern jeder Kommentar-Auseinandersetzung, dass es immer zwei, scheinbar exakt oppositionelle Parteien geben muss. Frei nach dem Setting: "Gruppe A sagt B, wir sind Gruppe B und sagen A, deswegen darf ich sie nicht mögen, ich muss sie diffamieren!" Aus kleinen Sticheleien werden schnell emotionale Wortgefechte, die man mit Popcorn und Erfrischung gespannt verfolgen kann.

Kommentare sind das Lebenselixier sozialer Medien, zusammen mit Likes treiben sie Instagram & Co. an, und ermöglichen uns das Äußern und gehört werden. Gleichermaßen können Kommentare verletzen und spalten, doch in einer hypervernetzten Welt wie unserer haben wir uns mehr oder weniger damit abgefunden, dass uns jederzeit alles und jeder erreichen kann. Smartphones und das Internet sind schon längst eine feste Erweiterung unserer Kommunikation geworden.

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Etikette & emotionale Kommentare

Es ist entscheidend, die Etikette der Internetkultur zu verstehen und anzuerkennen. Erstens sollte die Meinungsfreiheit respektiert werden, aber sie sollte nie als Entschuldigung für missbräuchliches Verhalten dienen. Ein hilfreicher Kommentar ist konstruktiv und fördert das Gespräch. Er mag zwar eine andere Meinung vertreten, aber er tut dies auf eine respektvolle und durchdachte Weise.

Oftmals lassen wir uns von Emotionen zu einer Äußerung hinreißen, welche wir im Nachhinein bereuen. Das ist im echten Leben nicht anders als im digitalen Raum, jedoch vergisst das Internet nichts. "Think before you post", ist ein Konzept, welches leider nicht immer Anwendung findet, und mit Sicherheit schon den ein oder anderen Job gerettet hätte. Ich bin überzeugt, dass Menschen auch gerne mal Kontroverses im Internet sagen, nur um etwas Kontroverses im Internet gesagt zu haben – für die Aufmerksamkeit und "Beachtung".

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Als eine direkte Möglichkeit zur Reaktion auf visuelle Inhalte bilden Kommentare eine weniger nuancierte Austauschmöglichkeit als etwa ein Gespräch. Weil man seinen Standpunkt dennoch klar und differenziert darstellen möchte, vergreift man sich gerne mal im Ton, jedoch sollte zumindest die Bemühung zu einem respektvollen Umgang erkennbar sein. Obwohl es nur im Internet steht, sind soziale Medien ein Ort für persönlichen Ausdruck und Zugehörigkeit, in welchem ein halbwegs höfliches Miteinander wünschenswert wäre.