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Risiko von Medikamenten in Schwangerschaft überschätzt

Die Gefahr der Medikamenteneinnahme während der Schwangerschaft wird laut einer Expertin überbewertet.

"Wir alle überschätzen die Risiken von Arzneimitteln", sagte Sigrun Klausner von der Arzneimittelinformation der Landesapotheke Salzburg beim Apothekerkongress in Schladming. "Die Erkrankung kann genau so ein Risiko darstellen und da ist es in den allermeisten Fällen klüger für das Kind, wenn die Mutter behandelt wird." Einige Medikamente seien jedoch ein "absolutes No-Go".

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Im Gegensatz zu früher sind Forschende nun der Meinung, dass es keine "Plazentabarriere" gibt. Es gibt ganz wenige Stoffe, die nicht in die Plazenta eindringen können, betonte Klausner am Mittwoch, dem letzten Tag der viertägigen Apotheker-Fortbildung zum Thema "Schwanger werden - schwanger sein". Am schlechtesten für das Ungeborene sei Alkohol. Generell würden 97 Prozent aller Kinder gesund auf die Welt kommen, "bei drei Prozent ist irgendeine Anomalie da".

Beipackzettel "häufig irreführend"

Von Medikamenten wirken für den Embryo etwa bis zur achten Schwangerschaftswoche Thalidomid, Retinoide (Isotretinoin), Antiepileptika (Valproinsäure), Zytostatika, Cumarine und Mycophenolat toxisch, erläuterte Klausner. Hierbei ist beispielsweise das Risiko für Fehlbildungen sowie Fehl- und Frühgeburten erhöht. Im späteren Verlauf einer Schwangerschaft sind vor allem ACE-Hemmer, Sartane, NSAR, Ergotamine, Cumarine und Psychopharmaka gefährlich und dadurch beispielsweise Blutungen möglich.

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Bei weiteren Arzneien wie Glucocorticoiden wurden zudem geringere Risiken für Fehlbildungen wie Gaumenspalten festgestellt, bzw. konnten Risiken nicht ausgeschlossenen werden. Auch weitere Medikamente sind "nicht unbedingt sicher, viele formal unzureichend untersucht", warnte Klausner. Beipackzettel seien zudem wegen der Produkthaftung "häufig irreführend". Bei der Covid-Impfung ist die Effektivität und Sicherheit der mRNA-Vakzine erwiesen und auch das Neugeborene durch mütterliche Antikörper geschützt, betonte Klausner. Schwangere gehören mit erhöhten Risiken für Mutter und Kind zur Hochrisikogruppe, riet sie zur Impfung.

"Mittel der Wahl" bei Fieber und Schmerzen in der Schwangerschaft ist Paracetamol, sagte Klausner. Die Alternative Ibuprofen darf nur bis zur Schwangerschaftswoche 28 eingenommen werden. Informationsmöglichkeiten zu Arzneimitteln in der Schwangerschaft und Stillzeit bieten Fachbücher, Beratungszentren und auch frei zugängliche Online-Datenbanken wie Embryotox der Berliner Charité. Vor der Einnahme von Medikamenten sollte geschaut werden, ob es nicht-medikamentöse Optionen gibt, das Nutzen/Risiko abgewogen und nur gut erprobte, sichere Arzneimittel eingenommen werden.

Kontakt mit Arzt als Therapie

Von der Wirkung komplementärmedizinischer und ganzheitlicher Behandlungsmöglichkeiten als Ergänzung zu anderen Therapie berichtete die Gynäkologin Miriam Mottl vom Kepler Universitätsklinikum Linz. Oft helfe schon zuhören und, "dass ich einem Thema einen Raum gebe". Allein der Kontakt beim Arzt "kann schon therapeutisch und heilend sein", sagte die Medizinerin. Für die Kinderwunsch-Phase gebe es etwa Tees und die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren zeige "eindeutig", dass es bei einer guten Dosierung zu einer Verminderung der Östrogenproduktion und bei der In-vitro-Fertilisation zur Verbesserung der Embryonenqualität kommt.

In der Schwangerschaft stehen komplementärmedizinische Mittel gegen Übelkeit und Kopfschmerzen sowie gegen Blutungen in der Frühschwangerschaft und vorzeitige Wehen zur Verfügung. Auch Akupunktur kann laut Studien Übelkeit vermindern, erläuterte Mottl. Wissenschaftliche Untersuchungen mit mehreren tausend Teilnehmern gibt es laut der Medizinerin zur Einnahme von sechs Datteln pro Tag ab der 36. Schwangerschaftswoche zur Geburtsvorbereitung. "Die Frauen eröffnen schneller und haben weniger Geburtsverletzungen", sagte die Gynäkologin. Auch Vitamin D sei wichtig und nach der Geburt können zur Milchbildung Bockshornkleesamen als Kapseln oder Tee helfen, riet Mottl.

Service: Informationen zur Verträglichkeit von Arzneimitteln in Schwangerschaft und Stillzeit der Charité-Universitätsmedizin Berlin mit Medikament/Wirkstoff-Suche unter www.embryotox.de