APA - Austria Presse Agentur

Spanien erlaubt Abtreibungen ab 16 Jahren

Ohne die Zustimmung der Eltern zu benötigen, dürfen Teenager ab 16 fortan in Spanien abtreiben lassen.

In Spanien dürfen demnächst auch minderjährige Mädchen ab 16 Jahren innerhalb der ersten 14 Wochen ihrer Schwangerschaft ohne Einwilligung und Erlaubnis ihrer Erziehungsberechtigten einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen. Auf einen entsprechenden Gesetzesentwurf einigte sich die linke Regierungskoalition in Madrid am Dienstag.

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Bei einem Risiko für die Gesundheit der Frau besteht oder bei Hinweisen auf eine schwere Missbildung des Kindes sind auch spätere Schwangerschaftsabbrüche möglich. Das neue Gesetz über "reproduktive Gesundheit und sexuelle Rechte von Frauen" sieht zudem vor, dass der Eingriff kostenlos in öffentlichen Krankenhäusern möglich sein soll und mit dem Recht auf eine mehrtägige Krankschreibung verbunden ist. Ärzte können aus Gewissensgründen Schwangerschaftsabbrüche verweigern. An jedem staatlichen Krankenhaus soll allerdings ein Ärztekontingent gewährleistet werden, um Abtreibungen durchführen zu können.

Während in den USA landesweit Demonstrationen gegen ein geplantes Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshof stattfinden, mit dem das bundesweite Grundrecht auf Abtreibungen abgeschafft würde, geht Spanien in die entgegengesetzte Richtung. Von der Lockerung der Abtreibungsgesetze erhofft sich Gleichstellungsministerin Irene Montero von der Linkspartei Unidas Podemos, dass Mädchen sicherere Schwangerschaftsabbrüche in öffentlichen Kliniken vornehmen lassen.

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Menstruationsbeschwerden Grund für Arbeitsausfall

Das neue Gesetz streicht auch die dreitägige Überlegungsphase nach dem Antrag auf einen Schwangerschaftsabbruch. Die "Pille" sowie die "Pille für den Tag danach" werden zudem kostenfrei in allen staatlichen Gesundheitszentren ausgegeben und müssen nicht mehr kostenpflichtig in Apotheken erworben werden. Sexual-Unterricht wird nach dem Gesetzesentwurf demnächst auch an allen staatlichen Schulen und in allen Altersstufen zum Pflichtfach.

Mit dem neuen Gesetz über "reproduktive Gesundheit und sexuelle Rechte von Frauen" wird Spanien außerdem zum ersten europäischen Land, in dem Menstruationsbeschwerden als Grund für einen Arbeitsausfall gewährt werden. Drei Tage lang können sich Frauen mit heftigen Regelbeschwerden krank melden.

Die Kosten des Arbeitsausfalls wird der Staat übernehmen. Es müsse sich aber um ernsthafte Beschwerdesymptome handeln, die ärztlich mit einer Krankschreibung verbunden sind. Spanien wäre damit das erste Land in Europa mit einem derartigen "Menstruationsurlaub". Eine Regelung, die in vielen asiatischen Ländern wie Japan, Südkorea, Indonesien oder Taiwan schon seit Jahrzehnten angewendet wird.

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Heftige Debatten

Das neue Gesetz zur "reproduktive Gesundheit und sexuelle Rechte von Frauen" führte innerhalb der spanischen Koalitionsregierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez allerdings zu heftigen Debatten. Wirtschaftsministerin Nadia Calviño warnte davor, vor allem die neuen Menstruationsurlaubregelungen könnten Frauen "stigmatisieren". Die Gewerkschaft UGT befürchtet ebenfalls, dass das Gesetzesprojekt, das noch vom spanischen Parlament abgesegnet werden muss, die Chancen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt schmälern könnte.

Einigen sozialistischen Kabinettsmitgliedern gingen die Pläne der linksalternativen Gleichstellungsministerin Irene Montero zu weit. So konnte sich Montero vom kleineren linken Koalitionspartner auch nicht damit durchsetzen, dass Frauen bereits ab der 36. Schwangerschaftswoche in den Mutterschaftsurlaub gehen können, sondern erst in der 39. Woche. Auch stemmten sich sozialistische Minister gegen die von Montero geplante Abschaffung der Mehrwertsteuer auf weibliche Hygieneprodukte wie Tampons oder Damenbinden.

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Der linke Koalitionspartner von Regierungschef Pedro Sánchez setzte sich ebenfalls nicht mit seinem Vorhaben durch, die im Ausland gekaufte Leihmutterschaft juristisch verfolgen zu lassen. Die Leihmutterschaft ist in Spanien nicht strafbar, jedoch verboten. Die linke Podemos-Gleichstellungsministerin Montero wollte damit gegen die "Ausbeutung von Frauen" vorgehen. Dennoch verabschiedete die Koalitionsregierung in der neuen Gesetzregelung in Spanien das Werbeverbot für Leihmutterschaften im Ausland. Jedes Jahr nehmen Hunderte spanische Familien die Dienste von spanischen Agenturen in Anspruch, die die in einem anderen Land die legalisierte Austragung eines Kindes durch eine Leihmutter ermöglichen.