APA - Austria Presse Agentur

20 Jahre Haft in Salzburger Mordprozess

Ein 62-jähriger Pensionist ist am Dienstagnachmittag am Landesgericht Salzburg wegen Mordes zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Die Geschworenenjury befand den Mann mit 8:0 Stimmen für schuldig, im Sommer 2020 eine 81-jährige Pensionistin in ihrer Wohnung mit insgesamt 28 Messerstichen getötet haben. Der nicht geständige Angeklagte wird von DNA-Spuren am Tatort massiv belastet. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die alleinstehende frühere Bankbeamtin war am 30. August 2020 von einem Bekannten tot in ihrer Wohnung im Salzburger Stadtteil Maxglan aufgefunden worden. Die Leiche war eingewickelt in eine acht Meter lange Stoffbahn am Teppich abgelegt. Den Ermittlungen zufolge dürfte sie bereits zwei oder drei Tage vorher ermordet worden sein.

"Es war ein Overkill - ein Übertöten", sagte Staatsanwältin Elena Haslinger zur Prozesseröffnung am gestrigen Montag. 25 Stiche hätten die Vorderseite des Oberkörpers der Frau getroffen, drei die Rückseite. Dabei sei der Täter auf ihrem Brustkorb gekniet. Die Stiche trafen Herzkammer, Herzbeutel, die Herzschlagadern und eine Reihe von Organen. Die zierliche Frau muss sich heftig gegen den Angreifer gewehrt haben, verblutete aber.

Die Polizei stellte nach der Tat zahlreiche DNA-Spuren sicher. Auf die Spur des Verdächtigen kamen die Ermittler jedoch erst, nachdem der Kriminalpsychologe Thomas Müller den Kreis der potenziellen Täter eingrenzte. Er schlug vor, den Täter nicht zwingend im persönlichen, aber doch im örtlichen Umfeld des Opfers zu suchen. Die Staatsanwaltschaft griff darauf zu einer eher seltenen Maßnahme: Sie beantragte bei Gericht eine DNA-Reihenuntersuchung, die schließlich bei allen 37 alleinstehenden Männern aus dem Wohnblock mit seinen 96 Kleinstwohnungen durchgeführt wurde - auch beim Angeklagten.

Bei insgesamt 14 DNA-Abrieben vom Tatort gab es eine Übereinstimmung mit dem Mundhöhlenabstrich des Mannes. Ihm konnten mehr als ein Jahr nach der Tat etwa Spuren unter den Fingernägeln der Toten, am Innenknauf der Eingangstüre, an der Spüle in der Küche und an der langen Stoffbahn zugeordnet werden. Wie sich herausstellte, hatte der Verdächtige von 2006 bis 2021 selbst schräg unterhalb des Opfers in dem Wohnblock gewohnt und war dann nach Niederösterreich übersiedelt. Dort wurde er festgenommen. "Fest steht, er war in der Wohnung. Was er dort wollte und was dort passiert ist, kann uns nur er sagen", sagte die Staatsanwältin.

Der unbescholtene 62-Jährige aber bestritt jeden Zusammenhang mit der Tat. "Ich bin unschuldig. Ich habe mit dem Mord nichts zu tun", erklärte er. Er sei nie in der Wohnung der Frau gewesen und habe auch keinen Kontakt zum Opfer gehabt. "Jemand anderer muss meine DNA eingeschleust haben." Er habe einige Tage vor der Tat Gegenstände zur Entsorgung im Erdgeschoss abgestellt, damit sich andere Bewohner daran bedienen können: Werkzeuge, Handschuhe - und eben auch jene lange Stoffbahn, in die die Leiche eingewickelt war. Über die Handschuhe müsse die DNA dann in die Opferwohnung gekommen sein.

Ein Gerichtsmediziner hielt es im Prozess aber für höchst unwahrscheinlich, dass gleich 14 DNA-Spuren gezielt über einen Handschuh hinterlassen worden seien. Wie die Staatsanwältin erklärte, habe der Angeklagte die Wohnung des Opfers auch penibel geputzt. "Es muss stundenlang gedauert haben, alle Blutspuren zu beseitigen", sagte sie. Das Opfer habe über drei Liter Blut verloren, in der Wohnung fanden sich aber keine großen Blutflecken. Erst eine spezielle Untersuchung führte die Spuren zu Tage.

Das ist insofern interessant, weil die Hausmeisterin der Wohnanlage am Dienstag im Prozess erklärte, sie habe gehört, dass der Mann beim Ausziehen seine Wohnung so sauber hinterlassen habe, als hätte er dort nie gewohnt. Außerdem habe sich der Angeklagte immer wieder über Flecken im Stiegenhaus beschwert. Laut einem neuropsychiatrischen Sachverständigen liegt beim 62-Jährigen eine schizoide Persönlichkeitsstörung vor, er sei aber zur Tat zurechnungsfähig gewesen.

Hinweise auf ein Motiv fanden sich im Verfahren übrigens nicht. "Es gibt keine Anhaltspunkte, dass die Frau und der Angeklagte befreundet gewesen wären oder sich öfter getroffen hätten", sagte die Staatsanwältin. Und auch einen Raubmord schlossen die Ermittler weitgehend aus, weil sich in der Wohnung Schmuck, Bargeld und ein Sparbuch fanden. Lediglich die Geldbörse mit Bankomatkarte und die Wohnungsschlüssel fehlten.

Als erschwerend wertete das Gericht heute die Brutalität der Tat, als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Mannes. Das Urteil ist allerdings nicht rechtskräftig: Der Angeklagte meldet umgehend Berufung an, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab.