APA - Austria Presse Agentur

40. Jazzfestival in Saalfelden

Beim diesjährigen Jazzfestival Saalfelden fühlt man sich gut aufgehoben. Nicht nur ist in der musikalischen Bandbreite von leichtfüßigem Funk bis zu verkopfter Avantgarde wohl für jeden etwas dabei. Auch die Tatsache, dass viele Künstler gleich mehrfach zu erleben sind, unterstreicht den familiären Charakter der Jubiläumsausgabe. Da werden selbst Aliens mit Aluhüten schnell zu Freunden.

Was auch kein Wunder war, konnte die vierköpfige Gruppe Neon and the Deons - nach Eigendefinition vom Planeten Alpha Minor stammend - mit Verschwörungstheoretikerkopfbedeckung, 80er-Jahre-Leggings und viel Spielwitz das reichlich erschienene Publikum Samstagnachmittag im Stadtpark schnell um den Finger wickeln. Zwischen Bäumen und Kinderschaukel wurde getanzt, gefeiert, genossen. Dass es gerade diese vermeintlich "leichten" Acts sind, die die Neugierde auf das Festival wecken sollen, steht außer Zweifel. Schön, wenn dann unterhaltsame Show und musikalischer Anspruch auch noch Hand in Hand gehen.

Bis es die ganz kleinen Festivalbesucher, die bei diesen Gratiskonzerten vor der Bühne toben, nämlich zu den Short Cuts ins Nexus schaffen, werden wohl noch einige Jahre vergehen. Egal, den Grundstein kann man ja trotzdem schon früher legen. Und das Hören von Gruppen wie beispielsweise Mopcut will auch geübt sein: Artist in Residence Lukas König servierte mit seinem Trio kurz nach Mittag einen rauschhaften Ausflug in die Noise-Welt, in der allen voran Sängerin Audrey Chen mit Klicklauten und Donnergurgeln eher extraterrestrisch denn bodenständig wirkte. Intensiv, aber auch lohnend.

Zeit zum Erholen blieb für die Ohren allerdings kaum, denn direkt im Anschluss durfte man sich in der nahen Buchbinderei Fuchs nicht nur ob der äußerst kunstvoll gestalteten Geschäfts- und Werkstatträumlichkeiten dem nächsten kreativen Input hingegeben. Briggan Krauss, am Abend zuvor noch mit König im Bezirksgericht zugange, lud zwischen Kunstdrucken und assoziativ gestalteten "Partituren" zu seiner Interpretation der "Art of the Saxophon". Auf meditative Flächen folgten irrlichternde Explosionen, ließ Krauss sein Instrument atmen und keuchen, pfeifen und singen. Stillstand gab es definitiv nicht. "Bienenmusik", wie eine sehr junge Konzertbesucherin meinte.

So spannend und abwechselnd diese beinahe wie einzelne Interventionen gesetzten Programmpunkte waren, so groß war doch auch das Interesse am Höhepunkt des gestrigen Tages: Christian Muthspiel durfte im Congress den Konzertreigen eröffnen und hat dafür sein brandneues Orjazztra Vienna mitgebracht. 17 Instrumentalisten und Muthspiel als Dirigent, das weckte natürlich Erwartungen - und sie wurden auf ganzer Linie erfüllt. Mit viel Elan und äußerst stylish wurde im Jazzfundus gegraben und lustvoll mit dem großen Format operiert. Vor allem die doppelte Rhythmusbesetzung mit zwei Bässen und Schlagzeugen ließ Köpfe und Füße wippen, während sich die Bläser nach und nach ins Rampenlicht spielen durften.

Es war das bereits vierte Projekt, das Muthspiel in Saalfelden aus der Taufe gehoben hat. "Insofern ist Saalfelden meine Lieblingsgeburtsstation", schmunzelte der Steirer zwischendurch. Seine sonst so launigen Ansagen waren trotzdem Mangelware und aus gutem Grund. "Wir haben eine Stunde Zeit, und ich habe ein Jahr lang komponiert. Das müssen wir jetzt alles unterbringen!" Sein sehr jung besetztes Orjazztra hielt sich also ran, und am Ende gab es großen Jubel für eine durchwegs gelungene Premiere, die mit ihrer Mischung aus Melodieseligkeit, zupackendem Gestus und Cinemascopesound Lust auf mehr machte. Wie ohnehin vieles im 40. Saalfelden-Jahrgang. So ein Jubiläum unter Freunden, das feiert man nämlich gerne.