APA - Austria Presse Agentur

Ärztekammer fordert mehr Geld für Gesundheitssystem

Die Ärztekammer fordert von der künftigen Regierung mehr Geld für das Gesundheitssystem. Präsident Thomas Szekeres verlangte am Dienstag in einer Pressekonferenz eine Steigerung der Gesundheitsausgaben von derzeit 10,3 Prozent des BIP mittelfristig auf 12 bis 13 Prozent. Damit würde Österreich in den Bereich von Deutschland oder der Schweiz kommen.

Bei einer wachsenden und älter und damit auch kränker werdenden Bevölkerung sei der medizinische Fortschritt nur mit mehr Personal zu bewältigen. Engpässe gebe es nicht nur im niedergelassenen Bereich, auch im Spital sei man mit einer Verknappung des Personals konfrontiert. Vizepräsident Johannes Steinhart bekräftigte in diesem Zusammenhang die Forderung nach 1.300 zusätzlichen Kassenärzten.

Um die Spitäler zu entlasten und zu den niedergelassenen Ärzten umzuleiten, forderte der Präsident der steirischen und Vizepräsident der österreichischen Ärztekammer, Herwig Lindner, einen "Steuerungsmechanismus". Der "Normbehandlungsweg" sollte die Patienten zuerst zum Hausarzt oder einer dem Spital vorgelagert Ambulanz führen. Im Wiener AKH funktioniert das mit einer solchen Ambulanz bereits, die 40.000 Patienten pro Jahr abfange. Lindner kann sich nun vorstellen, dass Patienten, die diesen Behandlungsweg nicht einhalten, "zur Kasse gebeten werden". Besser würde ihm allerdings ein Anreiz gefallen, dass Patienten die sich an diesen Weg halten, etwa eine Rückvergütung von Sozialversicherungsbeiträgen erhalten. Die Ambulanzgebühr habe sich nicht bewährt, fügte Lindner hinzu.

Die von der ÖVP vorgeschlagene Verdoppelung der Studienplätze zur Linderung des Ärztemangels hält der Lindner für nicht sinnvoll. Das bringe nichts, wenn dann keine Stellen vorhanden seien. Sowohl der Präsident als auch die beiden Vizepräsidenten plädierten stattdessen neuerlich für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen, um Jungärzte halten und Stellen auch in ländlichen Gebieten besetzen zu können. So kann sich Steinhart vorstellen, dass jeder Hausarzt die Berechtigung zur Führung einer Hausapotheke haben sollte. Auch die bestehenden Decklungen und Degressionen bei der Leistungsverrechnung sollten gestrichen werden. Die Wahlärzte sind nach Ansicht Steinharts "wichtig für das System", auch weil sie eine Entlastung für die Kassenärzte bedeuten.

Ein Eingreifen der Politik fordert Szekeres gegen ein zunehmendes Interesse privater Investoren an Ärztezentren, deren primäres Ziel die Gewinnmaximierung sei. Er verlangt gesetzliche Einschränkungen in Bezug auf die Übernahme des ambulanten Bereichs durch Konzerne. In Deutschland habe eine Kaffeekette schon Zahnarztpraxen übernommen. Beim Rauchverbot kann sich der Präsident ein Ausdehnung von der Gastronomie auch auf das Auto oder Kinderspielplätze vorstellen.

Skeptisch zeigte sich Steinhart bezüglich der Kassenreform und der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Er kündigte zwar die Mitarbeit der Ärztekammer an, um die bestehenden Chancen nützen zu können. Gleichzeitig warnte er aber auch vor Risiken, wie etwa "versteckten Einsparungen". Es habe sich auch gezeigt, dass zentralistische Strukturen nicht sehr schlagkräftig seien. Deshalb hält er eine "Aufwertung der peripheren Bereiche" für nötig. Zweifel meldet Szekeres neuerlich bezüglich der von der Politik versprochenen Patientenmilliarde an. Zuversichtlich zeigte sich Steinhart, dass man zu einem guten Gesamtvertrag mit einem Leistungskatalog für die Kassenärzte kommen werde. Wichtig ist ihm dabei, die regionalen Besonderheiten zu berücksichtigen.