Affenpocken: weltweiter Gesundheitsnotstand ausgerufen

WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus schlägt Alarm
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den Affenpocken-Ausbruch in mehr als 60 Ländern zu einer "Notlage von internationaler Tragweite" erklärt.

WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus rief damit am Samstag in Genf die höchste Alarmstufe aus, die sie bei einer Gesundheitsbedrohung verhängen kann. Praktische Folgen hat das nicht. Die Einstufung soll die Regierungen der Mitgliedsländer dazu bewegen, Maßnahmen zu ergreifen, um den Ausbruch einzudämmen.

Hohe Verbreitung in Europa

Weltweit schätzt die WHO das Pockenrisiko gegenwärtig als moderat ein mit Ausnahme Europas. Dort sei die Gefahr einer weiteren Verbreitung hoch, füge Tedros hinzu. In Österreich wurden laut AGES bisher 99 Fälle von Affenpocken gemeldet (Stand 22. Juli). Die Erkrankung ist meldepflichtig.

Die neue Einstufung sollen Ärzte und Kliniken sensibilisieren, bei Verdachtsfällen Schutzmaßnahmen treffen und die Bevölkerung aufklären, wie sie sich vor einer Ansteckung schützen kann. Tedros nannte die Zahl von mehr als 16.000 bestätigten Fällen in mehr als 60 Ländern, von denen viele vorher praktisch keine Affenpocken-Fälle kannten. In sechs afrikanischen Ländern, in denen das Virus schon früher auch Menschen infiziert hat, waren es über 240 Fälle.

Ein Ausschuss aus unabhängigen Fachleuten hatte sich zuvor nicht auf eine gemeinsame Empfehlung geeinigt, ob eine Notlage ausgerufen werden sollte. Generaldirektor Tedros erklärte, er habe die Entscheidung gegen die Mehrheit des beratenden Expertenkomitees getroffen. Lediglich sechs Mitglieder des Gremiums hätten für diese Einstufung und neun dagegen gestimmt. Die englische Abkürzung für eine Notlage ist PHEIC. Das steht für "public health emergency of international concern".

Nicht dieselben Maßnahmen wie bei Corona

Auch den Ausbruch des Coronavirus SARS-CoV-2 hatte die WHO am 30. Jänner 2020 als solche Notlage deklariert. Das bedeutet aber nicht, dass die Menschen sich nun bei Affenpocken auf dieselben Maßnahmen wie bei der Corona-Pandemie einrichten müssen. Während sich das Coronavirus durch Aerosole mit Virenpartikeln verbreitet, die Infizierte beim Atmen, Sprechen oder Husten ausstoßen, erfolgen Infektionen mit Affenpocken nach derzeitigem Wissensstand in der Regel durch engen Körperkontakt.

Notlagen von der WHO eingeschätzt

Die WHO richtet je nach Krankheit bei Bedarf Notfallausschüsse ein, die mit jeweils anderen Fachleuten besetzt werden. Zur Zeit gilt neben der Notlage internationaler Tragweite wegen Corona seit 2020 auch eine Notlage wegen Polio-Ausbrüchen (seit 2014).

Abgeschlossene Notlagen waren der Ausbruch der Schweinegrippe H1N1 (2010), des Zika-Virus (2016) und von Ebola (2014-2016 und 2019). Die WHO hatte seinerzeit auch Notfallausschüsse wegen Mers-CoV (2013-2015) und wegen Gelbfieber (2016) einberufen. Die dazu konsultierten Fachleute kamen aber nicht zu dem Schluss, dass eine Notlage internationaler Tragweite erklärt werden sollte.

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