APA - Austria Presse Agentur

"#allesaufdentisch" als Künstler-Kritik an Corona-Politik

Mehrere Monate nach #allesdichtmachen haben die Schauspieler Volker Bruch und Wotan Wilke Möhring mit einer neuen umstrittenen Aktion Aufsehen erregt. Am Donnerstag wurden unter dem Schlagwort #allesaufdentisch mehrere Interviewclips von ihnen und anderen Menschen online gestellt. Darin werden unter anderem die Corona-Maßnahmen und die mediale Berichterstattung darüber kritisiert. Auch die österreichischen Schauspieler Nina Proll und Roland Düringer sind mit von der Partie.

In den Clips auf der Webseite allesaufdentisch.tv sprechen teilnehmende Promis mit verschiedenen Gesprächspartnern - etwa aus der Wissenschaft - über medizinische und gesellschaftliche Aspekte der Pandemie. Die meisten prominenten Namen der ersten Aktion sind diesmal nicht dabei, zu den "Wiederholungstätern" zählt neben Bruch auch Proll.

Die rund 50 Videos tragen Titel wie "Kollektive Angststörung", "Masken", "Meinungsfreiheit", "Gekaufte Forschung", "Wahrheitsdefinition" und "Kindeswohl". Im Einleitungstext der Homepage heißt es: "Mit zunehmender Sorge beobachten wir die Entwicklung des politischen Handelns in der Corona-Krise." Viele Expertinnen und Experten seien bisher in der öffentlichen Corona-Debatte nicht gehört worden, lautet einer der Kritikpunkte der zum Teil wiederholt in diese Richtung aktiv gewordenen Promis.

Bruch - bekannt aus der Fernsehserie "Babylon Berlin" - war bereits ein prominentes Gesicht der Aktion #allesdichtmachen im April. Damals hatten mehrere Menschen aus der Filmszene mit satirischen Videos den Umgang mit dem Coronavirus kritisiert. Die Aktion löste kontroverse Reaktionen aus - manche warfen der Gruppe vor, das Coronavirus zu verharmlosen. Mehrere Teilnehmer distanzierten sich später, darunter der Österreicher Manuel Rubey.

Der Schauspieler Bruch wird nun auch im Impressum zur Internetseite von #allesaufdentisch genannt. Teil der Aktion ist eine Petition, die einen "Runden Tisch" für das Corona-Krisenmanagement fordert. Die Internetseite war am Donnerstagmittag zwischenzeitlich nicht erreichbar, die Videos wurden auch auf der Plattform YouTube veröffentlicht.

Kritik an dieser neuerlichen Aktion deutschsprachiger Kunstschaffender ließ nicht lange auf sich warten: Nach Ansicht eines Experten für Verschwörungsideologien befeuert die Aktion ein "schädliches Narrativ". Über die Schauspieler und Künstler verbreiteten sich wissenschaftliche Minderheitenmeinungen über die Pandemie-Leugner-Szene hinaus, diese würden als Mehrheitspositionen dargestellt, sagte der deutsche Politikwissenschaftler Josef Holnburger und warnt: "Durch einen wissenschaftlichen Anschein werden die Beiträge aufgewertet."

Solche Debatten würden aber auf Konferenzen und in Studien geführt - zwischen Wissenschafterinnen und Wissenschaftern, sagte Holnburger. Zudem ließen sie sich selten nur durch zwei Personen darstellen. "Mit der Aktion zieht man den Diskurs aus der Forschung heraus." Es entstehe ein Ungleichgewicht ("false balance") der wissenschaftlichen Standpunkte, so der Geschäftsführer des Centers für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS), das unter anderem Desinformation in sozialen Medien beobachtet. "Man holt sich Vertreter und Vertreterinnen einer wissenschaftlichen Minderheitenmeinung und setzt ihnen Gesprächspartner aus Kunst, Kultur und Schauspiel gegenüber statt anderer Forschender."

In den Videos kommen einige Menschen zu Wort, die Experten auf ihrem Gebiet sind, darunter der Medizinstatistiker Gerd Antes oder der Virologe Klaus Stöhr. Ihre Stimmen wurden in der Pandemie regelmäßig in großen Medien gehört. Mehrere der Gesprächspartner sind jedoch bereits durch Äußerungen aufgefallen, die die Gefahr durch das Coronavirus verharmlosen.