APA - Austria Presse Agentur

Amal Clooney: Kriegsverbrechen in Ukraine national verfolgen

Die Menschenrechtsanwältin Amal Clooney hat am Mittwoch in Wien Rückschritte bei der Durchsetzung der Menschenrechte beklagt. "Das internationale System versagt", sagte Clooney beim 4Gamechangers-Festival in der Wiener Marx Halle und sah auch nationale Regierungen in Europa in der Pflicht. So sollten Kriegsverbrechen wie jene in der Ukraine von nationalen Gerichten verfolgt werden - etwa auch in Österreich, forderte sie.

Clooney zeichnet ein ernüchterndes Bild über die internationale Situation der Menschenrechte. "Nicht nur, dass wir nicht neue Vereinbarungen abschließen, wir scheitern auch daran, die Versprechungen zu erfüllen, die wir gemacht haben vor 30 Jahren", sagte sie. Grund für die mangelnde Durchsetzung der Menschenrechte ortete die Menschenrechtsanwältin an der Vetomacht der fünf ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates - darunter Russland. Zudem seien immer noch viele Staaten nicht dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) beigetreten. Hoffnungen, dass das System bald reformiert werde, habe sie wenig.

Auch daher sollten nationale Gerichte die Täter von Kriegsverbrechen zur Rechenschaft zu ziehen. "Wenn man einen dauerhaften Frieden haben will, braucht man Gerechtigkeit", sagte Clooney, die auch die ukrainische Regierung bei der Verfolgung von russischen Kriegsverbrechen berät. Einzelne Regierung könnten auch sonst viel im Kampf für Menschenrechte tun, etwa indem sie Notfall-Visa für verfolgte Journalisten und vulnerable Gruppen ausstellen, um sie in Sicherheit zu bringen, forderte die Menschenrechtsanwältin.

Die ukrainische Menschenrechtsanwältin Oleksandra Matwijtschuk, deren Organisation CCL den Friedensnobelpreis 2022 erhalten hatte, forderte ein Sondertribunal zu Verfolgung der russischen Kriegsverbrechen. "Wir müssen diesen Kreislauf der Straffreiheit durchbrechen", so Matwijtschuk. An die Regierungen wie auch Österreich appellierte sie, politischen Druck auszuüben, damit die russischen Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Russische Truppen würden bereits seit Jahrzehnten Kriegsverbrechen begehen in Tschetschenien, Georgien oder Syrien "und Regierungen wie Österreich gehen darüber hinweg, und schütteln (Russlands Präsident Wladimir) Putin die Hand", kritisierte sie.

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP), der bei seinem anschließenden Auftritt mit den Forderungen der Menschenrechtsaktivistinnen konfrontiert wurde, beteuerte, dass sich Österreich bereits stark dafür einsetze, dass die Verantwortlichen der Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werde müssten. "Wir unterstützen sehr stark den Internationalen Strafgerichtshof, sowohl finanziell als auch personell", so Schallenberg. Zudem sei Österreich Teil einer Gruppe von Staaten, die daran arbeitet, ein Sondertribunal zur Ukraine einzurichten, um Russland wegen des Akts der Aggression anzuklagen.

Die per Video zugeschaltete ukrainische First Lady Olena Selenska forderte viel internationale Unterstützung, um "der Welt noch in diesem Jahr den Frieden zurückzugeben". Die Frau von Präsident Wolodymyr Selenskyj schilderte die schwierige Situation in der Ukraine, unter der die Kinder am meisten leiden würden. In mehr als der Hälfte der Schulen würden Schutzräume fehlen für Luftangriffe. "Das größte Problem für die Ukraine sind die zerstörten medizinischen Einrichtungen: Hunderte von Krankenhäusern und Ambulatorien sind total zerstört."