Bodenverbrauch: Analyse sieht Länder beim Bodenschutz säumig
Demnach seien alle neun Bundesländer von einer nachhaltigen Bodennutzung weit entfernt, wie der WWF am Donnerstag in einer Aussendung mitteilte. In vier von neun Ländern sei der Bodenverbrauch 2022 laut neuer Analyse im Vergleich zum Jahr zuvor sogar deutlich angestiegen.
"Zahlreiche Beispiele aus den Bundesländern zeigen, dass es nach wie vor kein Umdenken gibt. Mit einem Bodenverbrauch von durchschnittlich zwölf Hektar pro Tag hat Österreich 2022 fast das Fünffache des Nachhaltigkeitsziels des Bundes verbaut", sagte WWF-Bodenschutz Sprecher Simon Pories. Der aktuell heiß diskutierte Bau des Projekts "Sonnenweiher" mit mehr als 200 geplanten Häusern um einen Foliensee in Grafenwörth sei nur "die Spitze des Eisbergs", so Pories.
Die Umweltschutzorganisation fordert erneut Maßnahmenpakete gegen den Flächenfraß im ganzen Land sowie ein Ende der "Blockadehaltung" gegen eine wirksame österreichweite Bodenstrategie. "Die Bundesländer stellen sich bisher gegen verbindliche Ziele, bleiben selbst aber weitgehend tatenlos. Sie liefern damit selbst die besten Argumente für ein Bodenschutzgesetz auf Bundesebene", so Pories.
Flächen- oder Bodenversiegelung bezeichnet die wasser- und luftdichte Abdeckung des Bodens. Das hat eine Reihe ökologischer Konsequenzen, unter anderem geht produktiver Boden dauerhaft verloren. Im türkis-grünen Regierungsprogramm ist von einem Zielpfad zur Reduktion des Flächenverbrauchs auf 2,5 Hektar am Tag die Rede, aber gesetzliche Vorgaben fehlen weiterhin.
Im Bundesländer-Vergleich ist laut WWF-Analyse Oberösterreich negativer Spitzenreiter. Dort sei der Bodenverbrauch im Vorjahr um mehr als zwei Drittel gestiegen. Von 2,48 im Jahr 2021 auf 4,25 Hektar im Jahr 2022 pro Tag. Das liege vor allem an großflächiger Umwidmung von Grünland in Bauland. Dahinter folgt die Steiermark auf weiterhin hohem Niveau von 2,54 Hektar Bodenverbrauch pro Tag im Vorjahr. Die Steiermark verbrauche laut WWF damit alleine so viel Boden, wie im "Nachhaltigkeitsziel" der Regierung für ganz Österreich vorgesehen wäre.
An dritter Stelle im Bundesländer-Vergleich steht Niederösterreich. Dort ist der Bodenverbrauch im Vorjahr auf 2,3 Hektar gestiegen. Besonders stark sei dort die Zunahme der Verkehrsflächen. "Allein 2,2 Quadratkilometer wurden für Straßen und Parkplätze verbaut, während Schienenflächen weiter rückläufig sind. Das zeigt dringenden Handlungsbedarf in der Verkehrspolitik, sonst werden weiter wertvolle Äcker versiegelt und der Klimaschutz sabotiert", so Pories. Ebenfalls gestiegen ist laut WWF die Fläche der zusätzlich verbrauchten Böden 2022 in Kärnten (von 0,57 auf 0,87 Hektar pro Tag) und Vorarlberg (von 0,45 auf 0,73 Hektar pro Tag).
In Tirol stagniert der Bodenverbrauch bei rund 0,5 Hektar pro Tag, das Burgenland verzeichnete im Vorjahr einen Rückgang auf 0,4 Hektar täglich. Das stark zersiedelte Bundesland halte nach Angaben der Umweltschutzorganisation jedoch den Negativ-Rekord bei der insgesamt in Anspruch genommenen Fläche mit rund 1.316 Quadratmeter pro Kopf.
In Salzburg sank der Bodenverbrauch nach einem hohen Wert 2021 im Jahr 2022 wieder auf 0,39 Hektar pro Tag und damit auf den Schnitt der vergangenen Jahre. Wien nimmt im Vergleich eine Sonderstellung ein: "Als Großstadt hat Wien den geringsten Bodenverbrauch der Bundesländer, aber dafür einen besonders hohen Versiegelungsgrad. Daher braucht es groß angelegte Entsiegelungs-Programme in allen Bezirken, gerade angesichts der steigenden Hitzetage", sagte Pories.
Die Politik sei gefragt, großflächige Lösungen aufzuzeigen. "Nach dem Scheitern der Bodenstrategie im Juni darf die Verantwortung für den Bodenschutz nicht länger auf die jeweils andere politische Ebene geschoben werden. Stattdessen müssen die Landesregierungen die jeweiligen Raumordnungsgesetze massiv nachbessern und stärkeren Naturschutz verankern", fordert Pories.
Das Umweltbundesamt definiert Bodenverbrauch als den Verlust biologisch produktiver Böden durch Verbauung für Siedlungs- und Verkehrszwecke, aber auch für intensive Erholungsnutzungen, Deponien, Abbauflächen, Kraftwerksanlagen und ähnliche Intensivnutzungen. Für die aktuelle Analyse hat der WWF nach der Methodik des Umweltbundesamtes Daten des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen ausgewertet.
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