APA - Austria Presse Agentur

Angela Lehners neuer Roman "2001" bei O-Tönen vorgestellt

Für ihren ersten Roman "Vater unser" wurde Angela Lehner vielfach ausgezeichnet, nun kommt "2001".

Bei der 18. Ausgabe des Literatur-Open-Air-Festivals O-Töne im Wiener Museumsquartier fand am Donnerstagabend die Vorpremiere des neuen Romans statt. Die in Klagenfurt geborene und in Berlin lebende Autorin las aus dem Buch über Freundschaft, jugendliche Wut und Aufwachsen in der österreichischen Provinz im Jahr 2001. Durch den Abend führte Sebastian Fasthuber.

Es war ein lauer Abend im Museumsquartier. Nach der erschwerten Corona-Ausgabe im Vorjahr war 2021 wieder jeder Sitzplatz besetzt, zahlreiche Menschen lauschten auch außerhalb des abgesperrten Bereichs der Lesung von Lehner. Auch heuer wurden und werden wieder traditionell Debüts den Hauptacts vorangestellt. Christina Walker las zum Auftakt aus ihrem Erstlingswerk "Auto". Das Buch der in Augsburg lebenden Bregenzerin hat den Ausstieg aus einem beschleunigten Leben zum Thema. Der Roman spielt zu einem Großteil in einem Fahrzeug. Doch das klassische Symbol der Mobilität spiegelt hier Ausstieg und Stillstand wieder. Der alte Mercedes im Hof fährt nicht mehr und wird dem Protagonisten zum Rückzugsort. Es handle sich um ein "Debüt, das nicht wie ein Erstling wirkt", vielmehr stecke in dem schmalen Buch "sehr viel drinnen", sagte Fasthuber.

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Buch erscheint am 23. August

Druckfrisch auf den Lesetisch kam in Anschluss "2001", der Roman erscheint eigentlich erst am 23. August. Das Buch über eine Gruppe Jugendlicher, der sogenannten "Restmüll-Crew" und den Einbruch des Hip-Hop in die heimische Provinz überzeugt durch seinen speziellen Sound. Es war nicht der erste Auftritt der 33-jährigen Lehner bei den O-Tönen, bereits 2019 hat sie aus ihrem gefeierten Debüt "Vater unser" gelesen.

An das zweite Buch knüpfen sich zahlreiche Erwartungen des Publikums, des Verlags, der Kritiker, des Autors selbst, sagte Fasthuber. "'2001' nimmt diese Hürde souverän", betonte der Kulturjournalist. Der neue Roman ist erkennbar wieder von Lehner geschrieben. "Unsere Stadt heißt Tal und das ist alles, was man wissen muss", lauten die ersten Worte im Buch sowie bei der Lesung.

Julia, die Protagonistin, ist in dem Roman 15 Jahre alt - Lehner war im Jahr 2001 damals 14. "Mein 14-jähriges Ich teilt sich mit der 15-jährigen Julia die Begeisterung für Hip-Hop", antwortete die 33-Jährige auf die Frage des autobiografischen Anteils. Auch sie selbst habe sich als Jugendliche mit Musik identifiziert und durch Hip-Hop Zugehörigkeit erfahren. Teil ihrer Schulzeit sei es auch gewesen, wie die Protagonistin in der Pause Specksemmel zu holen, amüsierte die Autorin mit ihren Erinnerungen das Publikum. Auch sie habe in ihrer Teenagerzeit am Land gewisse Frustrationserlebnisse gehabt.

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Vulgäre Sprache

Routiniert trug Lehner aus ihrem Roman vor, Fragen beantwortete sie gewohnt launig und unterhaltsam. Die Sprache ihrer ProtagonistInnen – der Gruppe FreundInnen aus der Provinzstadt Tal, der sogenannten Crew –ist teils vulgär, auch der damals fehlende Sprachdiskurs wird im Roman thematisiert. Die Gruppe, großteils Hauptschüler, "ist heterogen zusammengestellt. Die Crew steht für mich sinnbildlich für die Gesellschaft der 2000er-Jahre", berichtete Lehner.

Die damalige Welt war im Umbruch, ein neues Technologiezeitalter brach an. In Österreich regierte Schwarz-Blau, auch in vielen Nachbarländern waren rechte Parteien im Vormarsch, gleichzeitig wurde der Euro eingeführt, erinnerte sich die Autorin. "Es hat keine Antworten gegeben. Auch die Crew hat ihre Antworten erst finden müssen."

Der Geschichtslehrer der Hauptschulklasse veranstaltete ein politisches Experiment und trat damit folgenschwere Ereignissen los. Im Roman werden die ersten neun Monate des Jahres 2001 erzählt. Dabei kommt auch bei der Autorin selbst Nostalgie auf. Durch "gewisse Objekte werden Erinnerungen kanalisiert, man denkt etwa an CDs zurück", Handys sind ohne Guthaben, bezahlt wird mit Schilling, sagt Lehner.

Geschrieben hat die Autorin den Roman während der Corona-Pandemie, die für viele KünstlerInnen hart war und enorme wirtschaftliche Auswirkungen hatte, erinnerte Lehner. Auch sie selbst hatte den wirtschaftlichen Drang, fertig zu werden. Jetzt arbeitet sie als hauptberufliche Schriftstellerin und könne nicht mehr "einfach so in den Äther hineinschreiben".

Den Plot des Buchs haben die Figuren selbst vorgegeben, berichtete die Autorin über den Entstehungsprozess. Manchmal habe sie sich gefühlt, wie eine Berufsberaterin in der Schule, und musste erst anhören "wer seid ihr überhaupt". Gewisse Protagonisten hätten sie selbst überrascht, "in die Richtung, in die sie sich entwickelt haben", sagte Lehner. Der Roman erhielt auch einen "anderen Ausgang, als ich es mir gedacht habe".

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Ob sie beim zweiten Roman insgesamt cooler agiert hat? Ihr erstes Buch "Vater unser" hat Lehner bis heute nicht in der gedruckten Ausgabe gelesen. "Mir wurde verschwiegen, dass ich nach der Erscheinung der ersten Auflage etwas ändern kann", berichtete die Autorin amüsiert. Bei "2001" fühle sie nun "den Mut, es noch mal in die Hand zu nehmen und zu lesen".

Die 18. Ausgabe des Open-Air-Lesereigens O-Töne begann am 8. Juli. Die nächsten beiden Donnerstage stehen noch im Zeichen der neuen Romane von Michael Köhlmeier ("Matou") und Eva Menasse ("Dunkelblum"). Die Lesungen finden jeweils um 20.00 Uhr statt.