APA - Austria Presse Agentur

"Architektur als Feier des Lebens": Doshi-Schau im Az W

Die Umstände sind in doppelter Hinsicht schwierig: Nicht nur wird das Architekturzentrum Wien (Az W) aufgrund des Corona-Lockdowns erst Ende Mai seine Pforten öffnen. Zudem hat die Institution im Museumsquartier erst kürzlich ihren Gründungsdirektor Dietmar Steiner verloren. Dennoch begegnet man ab 29. Mai im Az W der "Architektur als Feier des Lebens", wenn Balkrishna Doshi im Fokus steht.

Dem indischen Architekt und Pritzker-Preisträger ist die Ausstellung "Architektur für den Menschen" gewidmet, die ursprünglich am 26. März starten sollte. Nun kommt man aufgrund der Lockerungen der Maßnahmen zur Covid-19-Bekämpfung immerhin noch einen Monat in den Genuss einer Präsentation, die Architektur als ebenso vielgestaltige wie lustvolle Ermöglichung von Raum und Zusammenleben in Szene setzt.

"Bei ihm ist Architektur eine Feier des Lebens, eine Ermöglichung des Lebens", sagte Az W-Direktorin Angelika Fitz am Dienstag über Doshi, der sich selbst via Videobotschaft zu Wort meldete. Immerhin hätte er bei der ursprünglich geplanten Eröffnung der Schau, die von seiner Enkelin Khushnu Panthaki Hoof kuratiert wurde, anwesend sein sollen. "Diese Ausstellung soll etwas sein, das jeder versteht - egal ob Kind oder Experte", betonte der 92-Jährige.

Das sollte eigentlich kein Problem sein, ist doch durch eine sehr fließend gesetzte Abwechslung von Gebäudeansichten, Plänen, Skizzen und Entwürfen sowie kleinteiligen wie raumgreifenden Modellen ein tiefes Eintauchen in die Welt Doshis möglich. Dabei begegnet man vier Hauptströmungen: Seinen Bildungsbauten wie der von ihm gegründeten Architekturschule, sozialem Wohnbau mit modulartigen Komplexen, die von den Bewohnern selbst erweitert werden sollen, institutionellen Projekten sowie seinem städteplanerischen Schaffen.

So lässt sich einerseits sein Haus Kamala (benannt nach seiner Frau) respektive ein Teil davon im 1:1-Maßstab durchschreiten, was ungewöhnliche, aber erfrischende Blickwinkel auf andere Exponate ermöglicht. Oder man vertieft sich in ein Modell der Siedlung in Aranya, die preiswertes Wohnen durch Selbstgestaltung ermöglichen sollte. Dass seine Bauten keineswegs ein Ende kennen, ist durch mehrere Fotografien belegt: In Doshis Entwürfe soll Leben einziehen und sie dadurch auch verändert werden.

Im Westen ist Doshi bis zu seiner Auszeichnung mit dem renommierten Pritzker-Preis 2018 "eher unter dem Radar" gelaufen, wie Fitz meinte. "Dabei sind seine Arbeiten extrem relevant, vom kostengünstigen Wohnbau bis zu ökologischen Lösungen wie natürlicher Ventilation. Für ihn geht es darum, wie man Gemeinschaft bauen kann. Auch in den multiplen Krisen, die wir im Moment erleben, gibt uns Doshi aktuelle und gültige Antworten. Er hat gezeigt, dass Architektur ein Teil des Lebens ist."

In dieser Hinsicht zog Fitz auch eine Verbindung zum vergangenen Freitag verstorbenen Steiner, dessen Spruch "Architektur ist Lebensmittel" sich auch auf Doshi ummünzen lasse. Dem Az W-Gründungsdirektor zollte Fitz ein weiteres Mal Respekt. "Wir sind im Moment noch alle sehr getroffen. Er hat nicht nur das Az W, sondern weit darüber hinaus den Architekturbegriff in Österreich geprägt."