APA - Austria Presse Agentur

Armutskonferenz rechnet mit mehr Armut durch Corona-Pandemie

Die Salzburger Armutskonferenz, ein Netzwerk von rund 30 Sozial- und Bildungseinrichtungen, rechnet wegen der Corona-Pandemie mit einem Anstieg der Armut.

Die sozialen Folgen der Krise seien aber nicht alleine dem Virus geschuldet. "Wir haben es mit strukturellen Problemen zu tun, die nun verstärkt werden", sagte Carmen Bayer, Sprecherin der Armutskonferenz, am Mittwoch. Schon vor Ausbruch der Coronakrise galten 17 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher als armutsgefährdet. "Die Krise hat jetzt gezeigt, wie schnell Menschen auf einmal betroffen sein können." Alleine in Salzburg waren im Mai 26.000 Personen ohne Job - doppelt so viel wie im Vergleichszeitraum des Vorjahrs. Während vor wenigen Monaten eine schnelle politische Reaktion auf SARS-CoV-2 gefragt war, sei es nun an der Zeit, langfristige Pläne und Strategien zu erstellen, um Armut zu bekämpfen.

"Die Gesichter der Armut sind vielseitig: Einsamkeit, beengte Wohnverhältnisse, Schüler, die wegen fehlender technischer Ausstattung den Anschluss verloren haben", sagte Bayer. Dazu kommen zu hohe Mietkosten, die in Verbindung mit Arbeitsverlust, finanziellen Einschnitten oder offenen Stundungen zum Unsicherheitsfaktor werden. Verschärft werde die Situation dadurch, dass mit Ende Juni Maßnahmen wie der Kündigungsschutz und die Möglichkeit auf Mietstundungen auslaufen.

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Die Probleme seien aber mannigfaltiger. Acht Prozent aller Österreicher gelten als "Working Poor", sind also Menschen, die trotz Arbeit für sich und ihre Familie kein Einkommen über der Schwelle zur Armutsgefährdung erzielen. Die liegt derzeit bei 1.286 Euro netto. "Prekäre oder zu gering bezahlte Jobs führen aber zu nicht-existenzsichernden Arbeitslosengeldern und Pensionen", so Beyer. Weil die Arbeit nicht zum Leben reicht, müssen viele Betroffene ihr Einkommen mit Mindestsicherung aufstocken. Bei einem geringen Grundeinkommen können bereits 10 bis 20 Prozent Minus durch Kurzarbeit zu Problemen führen.

Viele der Organisationen in der Armutskonferenz glauben, dass sich die sozialen Folgen der Pandemie erst verzögert bemerkbar machen. Viele Menschen würden derzeit noch von Stundungen profitieren, auf Ersparnisse zurückgreifen oder mit einem neuen Job in absehbarer Zeit rechnen. Bei der Caritas Salzburg - sie hat einen 200.000 Euro schweren Solidaritätsfonds eingerichtet und in der Krise 2.500 Lebensmittelpakete verteilt - sei die Zahl der neuen Klienten bis jetzt nur leicht gestiegen. "Diese aber brauchen viel stärker ganz konkrete finanzielle Hilfe", sagte Torsten Bichler von der Caritas Salzburg.

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Armut treffe speziell die Frauen, erinnerte Ines Grössenberger von der Arbeiterkammer Salzburg. "Sie arbeiten zum einen in niedrig entlohnten und von der Krise überdurchschnittlich stark betroffenen Sparten. Als Verkäuferinnen im Handel, als Reinigungskräfte, im Tourismus, in Gesundheitsberufen". Dazu komme das Problem der Einkommens- und Pensionsschere. "Frauen leisten auch viel unbezahlte Arbeit - besonders in der Zeit, wo Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen de facto geschlossen waren". Von der Aufwertung systemrelevanter Berufe durch höhere Bezahlung sei nicht viel geblieben.

Die Armutskonferenz empfahl am Dienstag ein Bündel an Gegenmaßnahmen. Eine zentrale Forderung ist dabei die Erhöhung des Arbeitslosengelds auf 70 Prozent oder die Überarbeitung des noch unter türkis-blau initiierten Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes, das die Schere zwischen Arm und Reich weiter erhöhen werde. Außerdem sollten geringfügig Beschäftigte in die Kurzarbeit aufgenommen werden. Die Vertreter der Armutskonferenz zeigten sich heute überzeugt, dass sich Investitionen in soziale Maßnahmen lohnen. Diese seien immer auch Investitionen in die Gesellschaft - und würden letztlich der Wirtschaft zu Gute kommen.