APA - Austria Presse Agentur

Forschende machen Arsenverbindungen in Muttermilch und Hirn nachweisbar

Forschende haben organische Arsenverbindungen in Meeresfisch untersucht. Manche davon können sich im Körper ausbreiten.

Arsen in seiner Reinform oder als anorganische Verbindung gilt als hochtoxisch und als berüchtigtes Gift - nicht nur in Krimis. In organischer Form galt das Spurenelement bisher als weitgehend unbedenklich. 

Chemiker aus Graz haben gemeinsam mit Kollegen der Universität Potsdam organische Arsenverbindungen in Meeresfisch untersucht, die bisher als harmlos galten. Dabei stellte sich heraus, dass manche Verbindungen toxisches Potenzial haben und sich im Körper ausbreiten können.

 

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In geringer Konzentration ist das Spurenelement Arsen fast überall in der Natur zu finden. Im Gegensatz zum giftigen anorganischen Arsen galten organische Arsenverbindungen, wie sie etwa in manchen Fischen, Meeresfrüchten und Algen gespeichert werden und so auch in den menschlichen Körper gelangen können, bisher als wenig bedenklich.

Kevin Francesconi vom Institut für Chemie der Universität Graz erforscht seit Jahren die unterschiedlichen in der Natur vorkommenden Arsenverbindungen.

Der Grazer Forscher suchte und identifizierte bisher unbekannte Arsenmoleküle und entwickelte die Analytik weiter.

Untersuchungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass Arsen unter anderem in Wasser, Reis und Meereslebewesen zu finden ist. Ein beträchtlicher Teil des Arsens in Nahrungsmitteln ist jedoch wasserunlöslich und konnte lange Zeit nicht identifiziert und damit auf seine chemischen und toxikologischen Eigenschaften hin untersucht werden.

Ein Großteil der wasserunlöslichen sind fettlösliche Verbindungen. Auf die Analyse dieser sogenannten Arsenlipide haben sich Francesconi und sein Team spezialisiert. Sie haben die Verteilung und Bedeutung dieser Verbindungen, in denen das Arsen hauptsächlich an Fettsäuren, Kohlenwasserstoffe oder Phosphorlipide gebunden ist, in unseren Lebensmitteln untersucht und ihre potenzielle Toxizität erhoben.

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Besonderes Augenmerk hat das Team des mittlerweile emeritierten Professors den Arsenlipiden in Fisch und Meeresfrüchten geschenkt. So haben sie im Rahmen eines gemeinsamen Projekts mit Partnern in Potsdam mehr als 20 neue Arsenlipide in Meeresfrüchten identifiziert.

In Tierversuchen fanden sie u. a. heraus, dass Arsenkohlenwasserstoffe das Überleben und die Entwicklung des Fadenwurms Caenorhabditis elegans verringerten. In Tierversuchen mit Mäusen, die über die Nahrung einem Arsenkohlenwasserstoff ausgesetzt waren, hat sich herausgestellt, dass dieses Arsenlipid die Blut-Hirn-Schranke passieren kann und sich vor allem im Gehirn der Säugetiere ansammelt. In Zellmodellen zeigte sich, dass Arsenkohlenwasserstoffe die Durchlässigkeit eines Blut-Hirn-Schrankenmodells erhöhten und neuronale Netzwerke in menschlichen Gehirnzellen störten.

Gemeinsam mit norwegischen Kollegen konnte man schließlich zeigen, dass die untersuchten Arsenverbindungen über die menschliche Muttermilch an Kinder weitergegeben werden. Über die Gefährlichkeit der Verbindungen für den Menschen lasse sich jedoch trotz der zahlreichen Ergebnisse noch nicht viel sagen. "Man weiß, dass die Effekte im Menschen ganz anders sein können als im Tierversuch", betonte der Forscher.

Francesconi hielt fest, dass noch viel zu tun sei: Als im Jahr 2016 von der EU Grenzwerte für Arsen in bestimmten Nahrungsmitteln festgelegt wurden, klammerte man organische Arsenverbindungen sowie den gesamten Bereich von Fisch und Meeresfrüchten bewusst aus - dies mit dem Hinweis, dass noch nicht genügend Daten vorhanden seien. "Es braucht nun große epidemiologische Studien, um genau zu wissen, wie gefährlich diese Substanzen wirklich sind." Dazu wären große Labors erforderlich, die mit den von Francesconi und seinem Team entwickelten Analysemethoden ausgestattet sind und in deren Entwicklung ein großer Teil des Projektbudgets floss.

Die Studie findet ihr hier.