APA - Austria Presse Agentur

Astronomen datierten Kollision der Milchstraße mit anderer Galaxie

Die Milchstraße hat in den rund 13 Milliarden Jahren ihrer Existenz mehrere Galaxien verschlungen.

Ein internationales Forscherteam, darunter österreichische Astronomen, hat nun anhand eines einzelnen Sterns den Zeitpunkt der bisher größten "Mahlzeit" bestimmt. Wie sie im Fachjournal "Nature Astronomy" berichten, erfolgte die Verschmelzung mit der Zwerggalaxie Gaia-Enceladus vor rund elf Milliarden Jahren.

Kollisionen von Galaxien sind im Universum kein Einzelfall. Verschiedene solcher Ereignisse wurden bereits beobachtet. Auch die Milchstraße ist nicht nur durch die Entstehung neuer Sterne gewachsen, sondern durch die Verschmelzung mit anderen Galaxien. Quasi als "Astro-Archäologen" versuchen Wissenschafter die Spuren, die diese fremden Sternensysteme in der Milchstraße hinterlassen haben, freizulegen.Bereits 2018 hat die niederländische Astronomin Amina Helmi gezeigt, dass die Milchstraße in ihren Jugendjahren mit der vergleichsweise großen Zwerggalaxie Gaia-Enceladus verschmolzen ist.

Darauf hin wiesen die Bewegungen und chemische Zusammensetzung Tausender Sterne im sogenannten Halo der Milchstraße, einem kugelförmigen Bereich, der über und unter die Galaxienscheibe hinausragt. Die Forscher vermuteten damals die Kollision vor rund zehn Milliarden Jahren.

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Zusammenstoß vor elf Milliarden Jahren

Bill Chaplin von der Universität Birmingham (Großbritannien) und seine Kollegen haben nun mit Hilfe von Daten des NASA-Teleskops TESS und des europäischen Weltraumteleskops Gaia die Galaxien-Kollision genauer datiert. Sie untersuchten dazu einen einzelnen hellen Stern namens "Ny Indi" (die Astronomen verwenden im Sternnamen den griechischen Buchstaben "Ny", Anm.) aus dem Halo. Es ist dies ein sehr alter Stern, dessen Bahn um den Galaxienkern offensichtlich durch die Verschmelzung der beiden Galaxien verändert wurde. Der Stern musste also schon existiert haben, als seine Bewegung durch die Kollision beeinflusst wurde, erklärte Chaplin in einer Aussendung.

"Mit astroseismologischen Methoden, bei denen die Eigenschwingungen eines Sterns untersucht werden, konnten wir das Alter des Sterns auf rund elf Milliarden Jahre datieren", sagte Thomas Kallinger vom Institut für Astrophysik der Universität Wien im Gespräch mit der APA. Daraus ergebe sich, dass die Verschmelzung von Milchstraße und Gaia-Enceladus frühestens vor elf Milliarden Jahren stattgefunden haben kann.

Die Kollision sei ein sehr einschneidendes Ereignis für die Milchstraße gewesen, bei dem sehr viel Material aufgenommen und die chemische Zusammensetzung und die Bewegungsdynamik unserer Galaxie verändert wurde. "Durch diese Analyse kennen wir nun den Zeitpunkt der Kollision viel genauer, was wichtig für die Erforschung der Entwicklung der Milchstraße ist", sagte Kallinger. An der Arbeit war auch Paul Beck vom Institut für Physik der Universität Graz beteiligt.