APA - Austria Presse Agentur

BAWAG/Refco-Prozess: Viertangeklagter weiter einvernommen

Am zweiten Verhandlungstag im BAWAG/Refco-Prozess drehte sich zunächst alles um die Frage, was und wie viel der Viertangeklagte über die Geschehnisse vor der Refco-Pleite 2005 - also über die innerhalb der Refco-Gruppe bestehenden Forderungen, über die seit dem Jahr 2000 jährlichen Ultimotransaktionen sowie über den Erwerb des Erlösbeteiligungsrechts der BAWAG an der Refco 2003 - gewusst hat.

Um Licht ins Dunkel zu bringen, legte die Richterin, Lena Pipic, dem Angeklagten mehrere Dokumente vor, darunter auch Aussagen des damaligen Refco-Finanzchefs Robert Trosten. Laut dessen Aussagen sei der Angeklagte vor allem ab dem Jahr 2003 eine wesentliche Ansprechperson für Refco gewesen. Der CFO unterstellte in einer Aussage zudem, dass die BAWAG von dem Zweck der Ultimotransaktionen gewusst hätte.

Die Staatsanwaltschaft hatte am vergangenen Dienstag im Zuge der Anklage beschrieben, dass die Ultimogeschäfte mit der BAWAG bei Refco dafür verwendet worden seien, um jährlich innerhalb der Refco-Gruppe bestehende Verbindlichkeiten zu verschleiern - nicht zuletzt, um gegenüber einem potenziellen Käufer der Refco den Anschein eines Unternehmens mit geringeren Schulden zu erwecken.

Der Angeklagte dementierte die Vorwürfe. Er habe von den Ultimotransaktionen zum ersten Mal im Jahr 2004 erfahren und sei davon ausgegangen, dass diese - wie von seinen Vorgesetzten zugesichert - rechtmäßig seien, auch weil sie bereits im Jahr davor durchgeführt worden seien. Was genau die Refco dann mit dem Geld aus den Transaktionen wirklich gemacht hat, sei für ihn nicht ersichtlich gewesen. Er selbst habe auch keinen Grund gehabt, daran zu zweifeln, dass die Refco die Mittel zur legalen Bilanzbereinigung verwendet. Mit Personen in der Refco habe er nur manchmal, aber nicht regelmäßig Kontakt gehabt.

Weiters legte die Richterin dem Angeklagten Dokumente zum Erlösbeteiligungserwerb der BAWAG an Refco vor. Ab 1999 hielt die BAWAG bereits 10 Prozent an Refco, 2003 erwarb sie jedoch noch ein zusätzliches Recht auf den Kauf von weiteren 10 Prozent an Refco, gemeinsam mit dem Recht, bei einem künftigen Verkauf der Refco am Verkaufserlös zu partizipieren.

In dem Vertrag zum Erlösbeteiligungserwerb habe es jedoch Ungereimtheiten im Zahlenwerk gegeben, so die Richterin, denn in den darin enthaltenen Refco-Zahlen seien niedrigere Transaktionen mit verbundenen Unternehmen ausgewiesen gewesen als in einem daran anknüpfenden Nebendokument zum Kaufvertrag, einem sogenannten "side letter".

Auf die Frage der Richterin, was er sich in Anbetracht der nicht zusammenpassenden Zahlen gedacht habe, erwiderte der Angeklagte, dass dies in den USA geprüfte Bilanzen gewesen wären und er keinen Grund gehabt hätte, an der Richtigkeit dieser zu zweifeln. Zudem sei die Position in der Bilanz eine Saldoposition, bilde also sowohl Forderungen als auch Verbindlichkeiten der Refco mit verbundenen Unternehmen ab. Daher wäre aus der Zahl für ihn nicht ablesbar, wem gegenüber genau Forderungen oder Verbindlichkeiten in welcher Höhe bestanden hätten.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten im BAWAG/Refco-Prozess vor, einen Beitrag zum Betrug des Phillipp Bennett an dem Refco-Käufer Thomas H Lee geleistet zu haben. Die BAWAG habe insofern ein Motiv hierfür gehabt, dass sie im Zuge der Erlösbeteiligung an der Refco von einem möglichst positiven Außenbild der Refco gegenüber einem Käufer profitiert habe, so die Anklage.