Bayreuther Festspiele: Applaus für semivirtuellen "Parsifal"

Regisseur Jay Scheib testet eine AR-Brille
Großer Jubel für die Sänger und freundliche Reaktionen auch für die Regie am Samstagabend: Der "Parsifal" von Regisseur Jay Scheib ist in seinem zweiten Bayreuther Festspieljahr beim Publikum besser weggekommen als zur Premiere. Kaum Buhrufe waren zu hören, als Scheib und sein Team sich auf der Bühne zeigten.

Tenor Andreas Schager in der Titelrolle wurde gefeiert, Dirigent Pablo Heras-Casado ebenso wie Ekaterina Gubanova als Kundry und ein wie immer hervorragender Georg Zeppenfeld als Gurnemanz.

Scheibs Version von Richard Wagners Gralsritter-Oper ist vor allem darum speziell und beinahe radikal, weil er sich nicht nur real auf der Bühne abspielt, sondern auch virtuell. Mithilfe von Spezialbrillen wird der Bühnenraum digital erweitert. Scheib lässt so die Mauern des Festspielhauses einstürzen, zeigt den sterbenden Schwan, den Parsifal getötet hat - und Klingsors (Jordan Shanahan) Speer rast auf die Zuschauer zu und bleibt in der Luft vor ihnen stehen.

Das gilt allerdings nur für die etwas mehr als 300 der knapp 2.000 Zuschauer, die eine der speziellen Augmented-Reality-Brillen tragen. Denn auch im zweiten Jahr gibt es deutlich weniger Brillen als Zuschauer - und auch weniger als nachgefragt wurden, wie Festspielsprecher Hubertus Herrmann sagte. Im vergangenen Jahr war eine Diskussion um die Kosten für die jeweils rund 1.000 Euro teuren Brillen entbrannt - und auch in Jahr zwei blieb es bei der geringen Zahl.

Darum blieb vielen Zuschauern verborgen, dass Scheib noch einmal viel Arbeit hineingesteckt hat in den digitalen Teil seiner Inszenierung. Bilder wurden teils komplett überarbeitet, ergänzt oder vollständig ersetzt. Im vergangenen Jahr hatte es Kritik daran gegeben, dass die virtuelle Welt das Bühnengeschehen überlagerte, statt es sinnvoll zu ergänzen. Und auch der Tragekomfort ließ etwas zu wünschen übrig. "Im Moment sind in Bayreuth die Brillen noch unbequemer als die Stühle", urteilte etwa Bayerns Kunstminister Markus Blume (CSU) in einem Zeitungsinterview.

Unterdessen meldeten die Festspiele wenige Tage nach Beginn des Opernspektakels auf dem Grünen Hügel volles Haus. Sie seien "komplett ausverkauft", sagte Herrmann der Deutschen Presse-Agentur. Vor dem Start der Festspiele am Donnerstag hatte es noch Karten für eine Aufführung des "Parsifal" am 14. August gegeben. Die sind nun den Angaben zufolge auch weg.

Im vergangenen Jahr hatte es Schlagzeilen darüber gegeben, dass das wohl exklusivste Opern-Event in Deutschland, das traditionell stets ausverkauft war und für das Wagner-Fans oft jahrelange Wartezeiten in Kauf nehmen mussten, tatsächlich nicht mehr alle Tickets losgeworden war.

Freie Plätze gab es damals beim "Ring", alle anderen Aufführungen waren ausverkauft. Nach Festspiel-Angaben lag die Auslastung für den vierteiligen Opern-Zyklus "Der Ring des Nibelungen" bei durchschnittlich 92 Prozent. Die "Ring"-Inszenierung von Regisseur Valentin Schwarz, die als "Netflix-Ring" bekannt wurde, gilt als umstritten. Bei ihrer Premiere im Jahr 2022 wurde sie von weiten Teilen des Publikums gnadenlos niedergebuht. Für Sonntagabend stand die Wiederaufnahme des ersten "Ring"-Teils, "Das Rheingold" auf dem Spielplan - mit Dirigentin Simone Young am Pult. Es ist das erste Mal, dass eine Frau den "Ring" in Bayreuth dirigiert.

Im kommenden Jahr soll der Schwarz-"Ring" nach dann vier Spielzeiten zum letzten Mal auf dem Spielplan stehen. Für das große Jubiläumsjahr 2026, in dem die Festspiele 150. Geburtstag feiern und alle zum Bayreuther Standard Repertoire gehörenden Richard-Wagner-Opern sowie das Frühwerk "Rienzi" aufgeführt werden sollen, gibt es nach Angaben von Festspiel-Sprecher Herrmann andere Pläne: "Es wird ein besonderer 'Ring' nur im Jubiläumsjahr", sagte er der dpa. Details verriet er nicht.

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