Bei Ermittlungen gegen Banden Auftragsmord geklärt
"Die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ist oft zu mehr als 60 Prozent die Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität", sagte der Direktor des Bundeskriminalamtes (BK), Andreas Holzer, am Mittwoch vor Journalisten. Die Arbeitsgemeinschaft Alpha-Pannonia wurde als Kooperation des BK mit den Landeskriminalämtern (LKA) Steiermark und Burgenland gegründet. Im Zuge der vier Ermittlungsstränge gab es 73 Festnahmen aus mehreren Balkanstaaten, die Verbindungen reichten Holzer zufolge aber bis in die Türkei, die Slowakei, Tschechien und Deutschland. Ein Großteil der Täter ist bereits verurteilt.
32 Festnahmen gab es allein bei der Operation "Alpha", sagte der Leiter des steirischen Landeskriminalamtes, Rene Kornberger. Bei diesem Ermittlungsstrang wurde auch der Auftragsmord geklärt, der bereits 2015 in der montenegrinischen Hafenstadt Budva verübt worden war. Die Geschichte hatte mit dem Krieg zweier Clans aus Kotor, einer weiteren Stadt in Montenegro, zu tun. Im Dezember 2018 zog sich die blutige Spur dieser Auseinandersetzung - mittlerweile sind rund 70 Morde in dem Zusammenhang verübt worden - ja auch bis in die Wiener Innenstadt mit dem Mord vor dem Restaurant Figlmüller, bei dem ein 32-Jähriger erschossen wurde. In Budva wurde ein führendes Mitglied des Skaljar-Clans, das im Hafen ein Restaurant betrieb, von einem gedungenen Killer des Kavac-Clans mit einem Scharfschützengewehr von der Hafenmauer herab erschossen.
Weil der Mörder gestört wurde, ließ er die Patronenhülsen zurück. DNA-Spuren brachten einen Bosnier, der sich im Raum Graz mit Immobiliengeschäften eine Existenz aufbauen wollte, mit der Bluttat in Verbindung. Er wurde in der Grazer Gegend verhaftet. Er hatte sich ein Jahr vor der Tat in Südafrika aufgehalten, wie es viele Söldner aus Balkanstaaten tun, die dort Scharfschützen-Ausbildungen veranstalten oder manchmal auch absolvieren, schilderte der steirische AG-Ermittler Erich Schnedl.
"Alpha" brachte aber auch weitere Erfolge: So wurde eine industrielle Cannabis-Plantage mit 1.500 Stauden und zwei Crystal-Meth-Labore ausgehoben. Neben Cannabis und Crystal Meth wurden Kokain und Heroin sichergestellt, insgesamt 218 Kilo Drogen. Und die Ermittler fanden zahlreiche Querverbindungen zu anderen Gruppen. Teilweise wurden gemeinsame Drogendepots genutzt. Auch bei Kokainlieferungen aus Südamerika legten die Gruppen oft zusammen, um das weiße Pulver tonnenweise zu importieren. In Containern erreichte es niederländische Häfen wie zum Beispiel Rotterdam, wo es je nach Beitrag aufgeteilt und weitertransferiert wurde. Die Kontakte in Südamerika gab es beispielsweise durch Expats aus den Balkanstaaten.
Bei der zweiten Operation unter steirischer Federführung, "Hexogen", gab es zwar nur drei Festnahmen, auf dem Rücksitz eines Kurierwagens fanden sich 4,5 Kilo eines militärischen Sprengstoffs samt Zünder, Zündschnur und vier Auslösesystemen. Zu bestimmten Zwecken hatte der Kurier die Sprengmittel offenbar nicht dabei, womöglich wollte die Organisation den Sprengstoff verkaufen. In vielen Haushalten der ehemals kriegführenden Balkanstaaten wie Bosnien-Herzegowina und seiner serbischen Teilrepublik Republica Srbska, Serbien und Kroatien lagern offenbar nach wie vor große Bestände an Waffen und Sprengmittel, erläuterte Schnedl. "Suchtgiftschmuggel geht auch oft mit Waffenschmuggel einher", erläuterte Holzer.
Spannungsreich für die Ermittler lief auch die Operation "Vogue" unter burgenländischer Federführung: "Eine albanische Tätergruppe schmuggelte Cannabiskraut in Möbelschränken verbaut", schilderte Gerhard Braunschmidt, Leiter des burgenländischen LKA. Dabei wurde das in Albanien geerntete Cannabiskraut in den Kosovo transferiert und umgeladen. Von dort wurde es nach Serbien gebracht, wo örtliche Tischler für die Tarnung sorgten, bevor die Drogen weitergeschmuggelt wurden. 28 Festnahmen vor allem im österreichisch-slowakischen Grenzgebiet gab es, haarig wurde vor allem die Festnahme des Haupttäters. Er lieferte sich mit kosovarischen Polizisten eine Schießerei, bei der er flüchten konnte. Erwischt wurde er letztlich in Belgien mit einem europäischen Haftbefehl, schilderte Ermittler Robert Terpotitz. Gegen den Beschuldigten läuft in Wien nach wie vor der Prozess, wobei ihm zehn bis 20 Jahre oder lebenslange Haft drohen. Hunderte Kilogramm "Gras" wurden sichergestellt.
Die AG Alpha-Pannonia stellte in ihren Ermittlungen auch Verbindungen zur Operation "Achilles" fest, denn auch bei den nun ausgehobenen Tätergruppen waren Krypto-Messengerdienste wie Sky ECC en vogue. Für Holzer, der auch auf die Querverbindungen zwischen Organisierter Kriminalität (OK) und Terrorismus verwies, zeigten die Ermittlungen, dass "auch wir OK-Ermittler eine strikte Überwachung von Messenger-Diensten benötigen". Der BK-Direktor: "Wir sind in Europa das gallische Dorf, in der Überwachung aber ohne Zaubertrank. Wir brauchen das wirklich." Man könnte in den Ermittlungen "viel mehr machen, wenn wir am Puls der Zeit wären. So müssen wir uns auf unsere Old-School-Kompetenzen verlassen", betonte Holzer.
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