APA - Austria Presse Agentur

Bejubeltes Solo für Grigory Sokolov in Salzburg

Wenn sechs Zugaben im Großen Festspielhaus erklingen, dann heißt es wieder: Grigory Sokolov ist für ein Konzert nach Salzburg gekommen. Am Donnerstagabend verzauberte der introvertierte und dabei gleichzeitig so expressiv spielende Pianist wieder unter großem Jubel das Festspielpublikum beim Solistenkonzert.

Sokolov solo, das ist seit Jahren einer der beliebtesten Klavierabende bei den Salzburger Festspielen. Doch der russische Ausnahmepianist ist nicht etwa ein Salzburg-Darling wie Rolando Villazon oder gar die Bartoli, die bei ihren Soloabenden in herzlichem Einklang mit dem Publikum gemeinsam das Erlebte feiern, das Bad in der Menge suchen und mit Rosen überschüttet winkend und Luftküsse schmeißend von der Bühne gehen (so am Vorabend gesehen bei Cecilia Bartolis Premiere von "Il trionfo del tempo e del disinganno"). Bei Sokolov ist das Publikum nicht minder begeistert, doch für den Pianisten selbst wirkt es immer ein bisschen so, als würde er das leere dem vollbesetzten Großen Festspielhaus vorziehen.

Er kam, sah und spielte. Einspielungen meidet Sokolov wie Interviews oder die Zusammenarbeit mit Orchestern. Man muss schon selbst kommen, um diesen besonderen Pianisten zu erleben. Schon bevor er die Bühne betrat, wurde das Licht im Saal herab gedimmt. Ohne den Blick zu heben steuerte er direkt an den Steinway und schmiss sich auch schon mit voller Kraft in die "Dramatique", die erste der vier Polonaisen von Chopin, die Sokolov dieses Jahr aufs Programm gesetzt hat. Dabei vereinte er Gegensätze, die scheinbar unvereinbar sind. Sokolov ist vergeistigt und zugleich klar in seinen Melodien, lässt schwere Akkorde leicht fallen und ist technisch gesehen eine Maschine, in der das Herz eines Menschen schlägt.

Dass das Publikum für ihn während der Darbietung keine Rolle spielt, zeigte sich, als es in der zweiten Konzerthälfte im Parterre kurzzeitig unruhig wurde. Eine Zuschauerin mit Kreislaufproblemen musste aus dem Konzertsaal gebracht werden, doch Sokolov war da schon ganz in den Tiefen der Rachmaninow-Präludien versunken. Mal wandelte er mit der linken Hand melancholisch durch verwinkelte Pfade, mal wählte er direkte und pedallose Wege, wie er eindrucksvoll im gänzlich erschlankten "Alla Marcia" zeigte.

Das Publikum war begeistert von diesem Wechselbad der Gefühle und verfiel sogleich in großen Jubel, den Sokolov mit einer höflichen Verbeugung abnickte. Seinen Dank für die Wertschätzung des Publikums äußerte er fast schon traditionell mit sechs Zugaben.