Straffreie Abtreibung wurde vor 50 Jahren beschlossen
Der Nationalratsbeschluss des entsprechenden Gesetzes jährt sich am Mittwoch zum 50. Mal (29. November 1973). Seit dem Inkrafttreten mit 1. Jänner 1975 darf die Schwangerschaft in den ersten drei Monaten beendet werden. Keine zeitliche Beschränkung gibt es etwa dann, wenn "eine ernste Gefahr besteht, dass das Kind geistig oder körperlich schwer geschädigt" sein wird.
Geregelt ist der Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch, was immer wieder für Kritik und den Ruf nach Änderung sorgt. Laut Paragraf 96 ist Abtreibung zwar mit Freiheits- oder Geldstrafen bedroht - Paragraf 97 legt allerdings Ausnahmen fest.
Ein Beenden der Schwangerschaft ist Paragraf 97 zufolge nicht strafbar, wenn der Abbruch "innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Schwangerschaft nach vorhergehender ärztlicher Beratung von einem Arzt vorgenommen wird". Zeitlich unabhängig abtreiben darf man auch, wenn anders eine ernste Gefahr für das Leben oder ein schwerer Schaden für die körperliche und seelische Gesundheit der Frau nicht abgewendet werden kann oder bei der Zeugung Unmündigkeit bestand.
Ebenfalls als straffreier Grund für eine Abtreibung anerkannt ist eine Behinderung des Kindes - wörtlich: Wenn "eine ernste Gefahr besteht, dass das Kind geistig oder körperlich schwer geschädigt sein werde". In all diesen Fällen muss ein Arzt den Abbruch vornehmen.
Per Gesetz ist kein Arzt verpflichtet, einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen oder an ihm mitzuwirken - "es sei denn, dass der Abbruch ohne Aufschub notwendig ist, um die Schwangere aus einer unmittelbar drohenden, nicht anders abwendbaren Lebensgefahr zu retten". Schließlich heißt es in Paragraf 97 auch noch: "Niemand darf wegen der Durchführung eines straflosen Schwangerschaftsabbruchs oder der Mitwirkung daran oder wegen der Weigerung, einen solchen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen oder daran mitzuwirken, in welcher Art immer benachteiligt werden."
Das Gesetz - "Fristenregelung" bzw. "Indikationslösung" - ist 1974 nach harten Kontroversen letztlich nur mit den Stimmen der damals mit absoluter Mehrheit ausgestatteten SPÖ beschlossen worden und am 1. Jänner 1975 in Kraft getreten. Nach dem Gesetzesbeschluss ging die öffentliche Debatte mit Kundgebungen Pro und Contra weiter. Befürworter verwiesen auf das Selbstbestimmungsrecht der Frauen, Gegner sprachen von Mord. Im November 1975 erreichte ein Volksbegehren zum "Schutz des menschlichen Lebens", also gegen die Fristenlösung, nur 18 Prozent Zustimmung. Besonders die Nationalratswahlkämpfe 1986 und 1990 waren geprägt von einschlägigen Diskussionen.
Die Forderungen nach einer Streichung des Schwangerschaftsabbruchs aus dem Strafgesetz bestehen nach wie vor. Am Mittwoch ist diesbezüglich eine Medien-Aktion vor dem Parlament geplant: Ein Netzwerk rund um die die Kampagne #AusPrinzip, das Frauenvolksbegehren und One Billion Rising Austria fordert, den Schwangerschaftsabbruch "raus aus dem Strafgesetz" zu bringen.
Die Fristenregelung bezeichneten die Organisatoren in einer Aussendung als "wichtigen Meilenstein für die Rechte ungewollt Schwangerer". Nach 50 Jahren sei es jetzt aber Zeit "für den nächsten Schritt und mehr Selbstbestimmung". Zwar stelle die derzeitige Regelung Schwangerschaftsabbrüche in den ersten drei Monaten straffrei. "Dennoch kriminalisiert und stigmatisiert sie ungewollt Schwangere und deren Ärzt*innen." Auch Vertreter und Vertreterinnen der Zivilgesellschaft - etwa der Österreichische Frauenring, die Bundesjugendvertretung und Amnesty International - werden an der Aktion teilnehmen.
Österreichs Bischöfe forderten unterdessen von der Politik "Begleitforschung zur Fristenregelung und entsprechende Hilfsmaßnahmen, um Schwangerschaftsabbrüche entschlossen zu reduzieren". Durch Datenerhebung gelte es aufzuzeigen, "in welchen Krisen und Nöten sich schwangere Frauen befinden, um ihnen effektiv zur Seite zu stehen und Mut zum Kind zu machen", heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung der Österreichischen Bischofskonferenz, wie die Kathpress berichtete.
Es stehe den Bischöfen auch keine moralische Verurteilung von Menschen zu, die einen Schwangerschaftsabbruch hinter sich hätten, heißt es weiter. Dennoch bleibe das "Du sollst nicht töten!" aus den Zehn Geboten weiter aufrecht. Diese Weisung schütze jene, "die auf den Schutz durch die Rechtsordnung angewiesen sind", betonen die Bischöfe. Aus der Sicht der Kirchenvertreter sei es wichtig, "dass die Tötung eines Ungeborenen zumindest grundsätzlich unter Strafe stehen bleibt". Der Gesetzgeber signalisiere damit, dass das Leben des Kindes "grundsätzlich schützenswert" sei. Ein "Menschenrecht auf Abtreibung" hingegen dürfe aus der gesetzlichen Regelung niemals abgeleitet werden, da dies ein "Widerspruch in sich" wäre. Problematisch sei auch, dass ein Frauenrecht auf Abtreibung die Väter völlig aus der Verantwortung nehme.
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