APA - Austria Presse Agentur

Bestseller-Autorin Moyes hat schlechte Zeit überwunden

Scheidung nach 22 Jahren, Tod der Mutter und dann die Pandemie: "2020 war kein gutes Jahr für mich", sagte Bestseller-Autorin Jojo Moyes am Freitagabend vor der Presse in Wien. "Ein Jahr lang konnte ich nicht schreiben. Keinen Satz. Es ging einfach nicht." Aber dann verfasste sie das Buch "Mein Leben in deinem", das bei Lesern wie Kritikern gut ankommt. "Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass mir das keine Befriedigung gibt", betonte die Britin gegenüber der APA.

In dem Roman schlüpft eine Frau in das Leben einer anderen. Es sollte eine aufbauende Geschichte werden, darüber war sich Moyes von Beginn an sicher: "Ich bin depressiv gewesen, habe Antidepressiva genommen, war in Therapie und habe all die Dinge gemacht, um aus dem Tief herauszukommen. Da wollte ich mich nicht auch noch literarisch an dunkle Orte begeben. Das werde ich vermutlich irgendwann wieder tun, weil ich das eigentlich ja mag. Aber nicht dieses Mal, wir hatten nach dem Lockdown alle genug!"

Die Buchhandlung Thalia holte Moyes in die Bundeshauptstadt, es gab eine Autogrammstunde in einer Filiale und eine ausverkaufte Lesung in einem angrenzenden Kino. Davor sprach sich die Britin in einer moderierten Gesprächsrunde für Solidarität unter Frauen aus. "Frauen stehen unter einem starken Druck, einander zu beurteilen - wie wir etwa mit unseren Kindern umgehen, wie wir unser Leben leben", sagte Moyes. "Wenn wir es schaffen, uns ohne Beurteilung gegenüber zu stehen, ergibt das Solidarität. Wir würden einander mehr helfen. In meinem Leben waren Frauen immer meine größte Unterstützung. Aber diese Frauen urteilen nicht über einander, sie schauen zu einander auf."

Oft wurden Moyes Romane als "Frauenliteratur" und abfällig als "Chick Lit" (aus dem Englischen "Chicken" und "Literature") eingestuft. "Das ist das traurig", kommentierte sie. "Der Autor David Nicholls, ein Freund von mir, sagte zu mir: Wenn wir Namen tauschen, würden sie deine Bücher niemals als 'Frauenromane' bezeichnen." In jüngerer Zeit bekam Moyes aber in angesehen Medien die verdiente Anerkennung. "Für meine letzten zwei, drei Bücher habe ich in Amerika ganzseitige Besprechungen erhalten. Das passiert mir im UK nicht so oft."

Vor der Veröffentlichung von "Mein Leben in deinem" sei sie sehr nervös gewesen: "Ich dachte, das Buch davor ("Wie ein Leuchten in tiefer Nacht" aus 2019, Anm.) sei das beste, das ich je schreiben kann. Das habe ich regelrecht aus mir herausgeholt. Der neue Roman hat mehr Leichtigkeit, ich hatte Angst, er könnte wieder als Chick Lit abgestempelt werden", so die Millionen-Sellerin. Die guten Kritiken seien jetzt "natürlich schön". Aber: "Das Wichtigste ist, dass die Leute weiter die Romane lesen. Frauen, manchmal auch Männer, sagen mir, dass sie ihnen etwas bedeuten. Das erinnert mich daran, warum ich Autorin bin."

Inspiriert werde sie vom Leben, erzählte Moyes. "Meine Zeit als Journalistin hat mich gelehrt, Geschichten überall zu sehen. Wenn ich mich mit zwei Menschen hinsetze, bekomme ich vier Romane aus ihnen heraus. Jeder hat Geschichten. Man muss nur lernen, sie zu erkennen und Zugang zu ihnen zu finden." Beim Schreiben überkommen Moyes oft die Emotionen: "Ich weine oder lache dabei. Wenn ich die Emotionen in der Geschichte nicht selbst fühle, fühlen sie auch nicht die anderen."

Die Figuren in ihren Romanen würden ihr mehr bedeuten als der Plot, versicherte Moyes. "Meine Schwerarbeit liegt an den Charakteren, die sind das Wichtigste für mich. Für jede Hauptfigur verfasse ich eine Biografie. Ich möchte wissen, was in ihren Eiskästen ist, wo sie essen, was sie in der Handtasche haben, welches Auto sie fahren. Davon kommt zwar nichts in die Geschichten, aber es gestattet mir einen 360-Grad-Blick auf die Charaktere."

In Großbritannien sorgt eine editierte Roald-Dahl-Ausgabe für Wirbel, aus James-Bond-Romanen sollen ebenfalls Wörter, die nicht mehr angemessen sind, entfernt werden, über Karl May und Pippi Langstrumpf wurde hierzulande diskutiert. Moyes hege dazu "gemischte Gefühle", wie sie der APA verriet. "Einerseits frage ich mich, ob es nicht besser wäre, Anmerkungen mit Erklärungen einzufügen, warum etwas beleidigend ist. Aber ich habe eine dunkelhäutige Freundin, der es echte Schmerzen bereitet, wenn sie ein gewisses Wort liest. Wer bin ich, dass ich sagen kann, sie müsse damit konfrontiert werden? Es ist komplex. Ich habe darauf keine eindeutige Antwort."

(S E R V I C E - www.jojomoyes.com)