Biden: Tötung Nasrallahs "Maßnahme der Gerechtigkeit"

Hisbollah-Chef Nasrallah wurde von Israel getötet
US-Präsident Joe Biden hat am Samstag die Tötung des Führers der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah, Hassan Nasrallah, durch Israel als "eine Maßnahme der Gerechtigkeit" für seine zahlreichen Opfer bezeichnet. Er sagte, die Vereinigten Staaten unterstützten voll und ganz das Recht Israels, sich gegen vom Iran unterstützte Gruppen zu verteidigen.

Biden berichtete weiter, er habe Verteidigungsminister Lloyd Austin angewiesen, die Verteidigungsposition der US-Streitkräfte im Nahen Osten weiter zu verbessern, um Aggressionen abzuschrecken und das Risiko eines größeren Krieges zu verringern. Letztlich strebten die USA eine Deeskalation der laufenden Konflikte im Gazastreifen und im Libanon mit diplomatischen Mitteln an, sagte er.

Frankreich und Großbritannien verlangten ein sofortiges Ende der Kämpfe zwischen Israel und dem Libanon. Der britische Außenminister David Lammy forderte nach einem Telefonat mit dem libanesischen Ministerpräsidenten Najib Mikati ein Ende der Gewalt. "Wir waren uns einig, dass eine sofortige Waffenruhe notwendig ist, um das Blutvergießen zu beenden. Eine diplomatische Lösung ist die einzige Möglichkeit, Sicherheit und Stabilität für das libanesische und das israelische Volk wiederherzustellen", erklärt Lammy auf X.

Frankreich forderte von Israel ein sofortiges Ende der Luftangriffe auf den Libanon. Paris sei auch gegen eine israelische Bodenoperation im Libanon, erklärt Außenminister Jean-Noel Barrot. Nach einem Telefonat mit dem libanesischen Ministerpräsidenten Mikati rief Barrot zudem die Hisbollah und den Iran auf, alles zu unterlassen, was zu einer weiteren Destabilisierung der Region führen könnte.

Nach der Tötung Nasrallahs haben im Irak Hunderte Anhänger schiitischer Parteien demonstriert. Sie versammelten sich in Bagdad am Eingangsbereich zur sogenannten Grünen Zone, in der die US-Botschaft und Regierungsgebäude liegen, wie Augenzeugen berichteten. Die Demonstranten trugen irakische und libanesische Flaggen sowie Fotos des getöteten Hisbollah-Generalsekretärs. In Parolen forderten sie Vergeltung gegen Israel. Sicherheitskräfte riegelten die Gegend ab, um eine Erstürmung der Grünen Zone zu verhindern.

Der mit der Hisbollah verbündete Iran verurteilte den israelischen Angriff auf Nasrallah als Kriegsverbrechen. "Die zionistischen (d. h. israelischen) Angriffe sind ein eindeutiges Kriegsverbrechen und die Reaktion des Westens darauf ist ein Armutszeugnis", sagte Präsident (Regierungschef) Massoud Pezeshkian laut Webportal des Präsidialamts. Den USA warf er vor, den Angriff genehmigt und somit Mitschuld am Tod Nasrallahs zu haben.

"Dieser Terrorakt der Zionisten hat zwar eine tiefe Wunde hinterlassen, den Widerstand aber noch weiter gestärkt", so der Präsident. Der Iran stehe weiterhin an der Seite der Hisbollah und der "antiisraelischen Widerstandsfront". Wie zuvor Irans Oberster Führer Ali Khamenei bezeichnete Pezeshkian die Terrormiliz Hisbollah als "unbesiegbar". Am Samstagnachmittag fand in der Hauptstadt Teheran eine staatlich organisierte Trauerzeremonie für Nasrallah statt. Khamenei rief eine fünftägige Staatstrauer für den getöteten Milizführer aus.

Russland verurteilte die Tötung von Nasrallah durch Israel. Das Außenministerium warnte vor "noch dramatischeren Folgen für den Libanon und den gesamten Nahen Osten" und forderte Israel zur Einstellung seiner Angriffe auf Ziele im Libanon auf. Außenminister Sergej Lawrow sprach vor der UNO-Generalversammlung in New York von einem "politischen Mord". "Die Methoden politischer Morde, die fast zur Routine geworden sind, wie gestern wieder in Beirut, sind äußerst alarmierend", sagte er.

Die Türkei, China und auch Deutschland übten ebenfalls Kritik an den Angriffen Israels auf den Libanon, ohne dabei Nasrallah namentlich zu erwähnen. Die jüngsten israelischen Angriffe im Libanon seien Teil einer Politik "des Völkermords, der Besatzung und der Invasion", schrieb der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan auf dem Kurznachrichtendienst X. Der UNO-Sicherheitsrat und andere Gremien müssten Israel Einhalt gebieten.

Chinas Außenminister Wang Yi verurteilte in seiner Rede bei der Generaldebatte der Vereinten Nationen die Eskalation zwischen Israel und der Hisbollah indirekt. "Im Libanon haben die Kämpfe wieder begonnen, aber Macht kann Gerechtigkeit nicht ersetzen", sagte Wang in New York nur Stunden nach der Bestätigung des Todes von Nasrallah durch einen israelischen Luftangriff. Israel nannte er dabei nicht explizit.

Wang sagte weiter, der lange gehegte palästinensische Wunsch nach einem eigenen Staat und "das historische Unrecht, das das palästinensische Volk erlitten hat", dürfe nicht ignoriert werden. Es brauche eine Waffenruhe in Gaza und Arbeit an einer Zwei-Staaten-Lösung. "China war schon immer ein überzeugter Unterstützer der gerechten Sache des palästinensischen Volkes, seine legitimen nationalen Rechte wiederzuerlangen, und ein überzeugter Befürworter der Vollmitgliedschaft Palästinas in der UNO", so Wang.

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock bezeichnete die Lage im Nahen Osten nach dem Tod von Hisbollah-Chef Nasrallah als "brandgefährlich" und ließ deutliche Kritik an Israels Vorgehen erkennen. "Es droht die Destabilisierung des ganzen Libanons. Und das ist in keinster Weise im Interesse der Sicherheit Israels", sagte die Grünen-Politikerin in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" am Samstag. Es bestehe die Gefahr, dass die ganze Region weiter in die Gewaltspirale reinrutsche. Deshalb habe Deutschland am Donnerstag in New York gemeinsam mit den USA, Frankreich und etlichen arabischen Ländern eine 21-tägige Waffenruhe in Nahost gefordert, um eine diplomatische Lösung in dem Konflikt zu erzielen.

"Das Gegenteil ist jetzt passiert", so Baerbock. "Und jetzt mit den jüngsten Meldungen muss man deutlich sagen: Die Militärlogik, das ist die eine, mit Blick auf die Zerstörung von Hisbollah-Terroristen. Aber die Sicherheitslogik ist eine andere." Gefragt, ob der israelische Angriff einem legitimen Ziel gegolten habe, antwortete sie: "In der Situation, wo Terroristen Israel angreifen, gilt auch hier das Recht auf Selbstverteidigung. Bedeutet, dass man terroristische Angriffsziele zerstören darf."

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