Bratsche und Sprache: Tamara Stajner beim Bachmann-Preis

Autorin und Musikerin Tamara Stajner tritt beim Bachmann-Preis an
"Ich arbeite gerne mit dem Wechsel von Klangfarben und Rhythmus", sagt Tamara Stajner. "Das gilt für die Musik wie für die Literatur gleichermaßen." Die seit 2006 in Wien lebende Slowenin ist Bratschistin und Autorin und pflegt bei Auftritten als Performerin beides zu kombinieren. Wenn sie beim Wettlesen um den Bachmann-Preis in Klagenfurt liest, wird sie ihre Stimme einzusetzen wissen. "Aber ich mache keine Show", lacht sie. Dafür ist ihr das Schreiben viel zu wichtig.

Dass die 36-Jährige auf Deutsch und nicht in ihrer Muttersprache Slowenisch schreibt, dafür ist ihr Studium an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (mdw) verantwortlich. "Der Wechsel nach Wien hat mein Leben verwandelt", erzählt sie im Gespräch mit der APA. Schon als Kind habe sie gerne geschrieben, als Teenager war sie unentschlossen, ob sie Schriftstellerin oder Musikerin werden wolle. Ihre Literaturprofessorin in Ljubljana habe ihr dann zum Musikstudium geraten. "Worte werden immer auf dich warten, hat sie gesagt."

Sie haben tatsächlich auf sie gewartet - allerdings in einer fremden Sprache. "Als ich Deutsch zu sprechen begonnen habe, habe ich gemerkt, dass ich in dieser Sprache Gefühle viel besser ausdrücken kann. Deutsch ist als Schreibsprache fantastisch. Es ist eine tolle Literatursprache. Anders als auf Slowenisch kann man ganz unglaublich mit der Sprache spielen. Komposita etwa funktionieren auf Slowenisch nicht. Auf Deutsch habe ich Begriffe für Gefühle gefunden, die man auf Slowenisch kaum ausdrücken kann."

Geholfen habe ihr dabei, dass sie in Wien nie im slowenischen Studentenheim gewohnt hat, sondern von Beginn an Teil der internationalen und bunten Community von Musikstudierenden in Wien war. "Hier ist es völlig normal, dass die Studierenden aus der ganzen Welt kommen. Ich hab mich in dieser Gemeinschaft sehr angenommen gefühlt." Ebenso wie von der Sprache: "Ich empfinde Deutsch nicht als Fremdsprache. Es ist einfach MEIN Deutsch."

Es sei wohl kein Zufall, dass Autoren und Autorinnen wie Elfriede Jelinek, Ingeborg Bachmann, Bodo Hell oder Thomas Bernhard Musik studiert oder eine große Affinität zu ihr gehabt hätten, meint Tamara Stajner, die 2022 mit dem Gedichtband "Schlupflöcher" debütierte und im Jahr darauf den Roman "Raupenfell" folgen ließ. Darin haben es ihre Protagonisten nicht leicht, doch die Kritik zeigte sich vor allem von der "lyrischen und metaphernreichen Sprache" ("Kleine Zeitung") und dem "besonderem Formbewusstsein" ("Salzburger Nachrichten") angetan.

In Klagenfurt tritt die 1987 in Novo mesto Geborene und in Krsko Aufgewachsene auf Einladung von Brigitte Schwens-Harrant mit einem Text über eine schwierige Mutter-Tochter-Beziehung und ein "intergenerationelles Trauma", in dem sich ihre eigene Familiengeschichte widerspiegelt, an. Dass sie es damit nun zum Bachmann-Preis geschafft hat, den sie schon als slowenische Schülerin immer verfolgt hat, "kommt für mich gerade zur richtigen Zeit", glaubt Stajner.

2022 war sie als Stipendiatin des Klagenfurter Literaturkurses vor Ort. "Die Dynamik war toll und hat mich an die Sommerkurse in Musik erinnert." Nun darf sie dort die große Bühne betreten. Als Musikerin (etwa mit dem Orchester Wiener Akademie) hat sie den Vorteil, die Auftrittssituation ebenso gewohnt zu sein wie das Ausgesetztsein gegenüber Kritik. "Da wird man schon abgehärtet!"

Beim Bachmann-Preis geht sie wie an alles, was sie macht, heran - "nämlich mit dem Anspruch, das Beste zu geben, was ich kann". Dass sie trotz allem dabei auch locker sein darf, dafür sind zwei Umstände verantwortlich. Zum einen kommen zwei Freundinnen ("Echte Bachmann-Expertinnen!") zu ihrer Unterstützung extra aus den USA angeflogen. Und zum anderen hat sie heuer bereits einen Preis gewonnen: Im Mai gewann sie den mit 8.000 Euro dotierten Lyrikpreis Meran. "Auf engstem Raum findet sich ein beglückendes Klang-, Bild- und Farbenspektrum in diesen Gedichten, die mal tonlos flüsternd auftreten (senza voce), mal eigensinnig, ostinato; mal lautstark, mit Elvis' Jailhouse Rock", jubelte die Jury.

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