APA - Austria Presse Agentur

Brexit Party größte Einzelpartei im Europaparlament

Ausgerechnet die Brexit Party des EU-Gegners Nigel Farage wird die größte Einzelpartei im neuen Europaparlament. Sie erhielt bei der Europawahl in Großbritanniens mindestens 28 Mandate, geht aus in der Nacht auf Montag von der BBC veröffentlichten Ergebnissen hervor. Die Zahl könnte noch steigen, weil noch neun Mandate in Schottland und Nordirland zu vergeben waren.

Demnach kam die Brexit Party auf 31,6 Prozent der Stimmen oder 28 Sitze, gleich viel wie die Lega des italienischen Vizepremiers Matteo Salvini und um fünf mehr als die CDU der deutschen Kanzlerin Angela Merkel.

Zweitstärkste Kraft bei der britischen Europawahl wurden die Liberaldemokraten mit 20,3 Prozent (15 Mandate, plus 14), noch vor der größten Oppositionspartei Labour mit 14,1 Prozent (zehn Mandate, minus 8). Die Grünen erhielten 12,1 Prozent (sieben Mandate, plus drei) und hängten die regierenden Tories der scheidenden Premierministerin Theresa May mit 9,1 Prozent (drei Mandate, minus 15) ab. Ein Mandat ging an die walisische Regionalpartei Plaid Cymru.

Einer der künftigen Grün-Abgeordneten ist der 29-jährige somalische Flüchtling Magid Magid, der im Europaparlament für Flüchtlinge eintreten will. Im Wahlkampf trug der in einem Armenviertel von Sheffield Aufgewachsene ein T-Shirt mit der Aufschrift "Immigrants Make Britain Great" (Flüchtlinge machen Großbritannien groß).

May hatte am Tag nach der Europawahl ihren Rücktritt in Aussicht gestellt, nachdem sie das Scheitern ihrer Brexit-Strategie eingestehen musste. May hatte ihr Versprechen, Großbritannien am 29. März geordnet aus der Europäischen Union zu führen, nicht erfüllen können. Das Unterhaus lehnte den von ihr mit der Europäischen Union ausgehandelten Austrittsdeal drei Mal ab, schob aber einem "Hard Brexit" ebenfalls einen Riegel vor, weswegen sie eine Verschiebung des Austritts bis 31. Oktober bei der EU beantragen musste. Eine Konsequenz davon war, dass Großbritannien noch ein letztes Mal 73 Europaabgeordnete wählen musste.

Farage, der sich nach dem von ihm betriebenen Brexit-Votum im Jahr 2016 aus der Politik zurückgezogen hatte, stampfte für die EU-Wahl innerhalb kürzester Zeit die "Brexit Party" aus dem Boden. Einziger Programmpunkt der Partei ist, einen Hard Brexit durchzusetzen. Farage hat im Vorfeld der Europawahl gefordert, dass seine Partei im Fall eines Sieges an den Verhandlungen zwischen London und Brüssel beteiligt werden muss.

Allerdings hat die Brexit Party ihren Erfolg auch dem mehrheitsfördernden britischen Wahlrecht zu verdanken. Die gegen einen EU-Austritt auftretenden Liberaldemokraten und Grünen kamen nämlich zusammen auf 32,4 Prozent der Stimmen, und damit auf einen höheren Stimmenanteil als die Brexit Party. Beobachtern zufolge ist auch ein größerer Teil der Labour-Wähler Brexit-kritisch.

Labour-Chef Jeremy Corbyn forderte als Konsequenz aus der Wahl eine erneute Abstimmung über den Brexit, sei es in Form eines Referendums oder einer Unterhauswahl. Innerparteiliche Kritiker schrieben Corbyn eine große Verantwortung für das schlechte Abschneiden der Partei zu, weil er sich Forderungen der Parteibasis nach einem klaren Pro-EU-Kurs bisher verweigert hat. Corbyn wollte Labour im Wahlkampf als jene Partei präsentieren, die sowohl für EU-Gegner als auch EU-Befürworter da ist.

Die Briten hatten sich in einem Referendum im Juni 2016 mit 52 zu 48 Prozent der Stimmen für den Austritt aus der Europäischen Union ausgesprochen. Nachdem die EU-Befürworter bisher vergebens auf eine zweite Volksabstimmung gedrängt hatten und sich insbesondere die Führung von Tories und Labour diesem Wunsch verweigerte, galt die Europawahl als Stimmungstest, ob immer noch eine Mehrheit der Briten für den Austritt ist. Umfragen zeigten in den vergangenen Monaten eine wachsende Zustimmung zum Verbleib in der Europäischen Union.