BVT-U-Ausschuss endet mit wenig Konsens

Der Ausschuss findet einen endgültigen Abschluss
Der BVT-Untersuchungsausschuss segnet am kommenden Mittwoch wie auch der Eurofighter-U-Ausschuss offiziell seinen Abschlussbericht ab. Verfahrensrichter Eduard Strauss übt darin massive Kritik an der Justiz und am früheren Innenministeriums-Generalsekretär Peter Goldgruber. Die Fraktionen deuten die Ergebnisse der parlamentarischen Untersuchung unterschiedlich.

Auslöser der Untersuchung war die Hausdurchsuchung im Verfassungsschutz am 29. Februar 2018 - angestrengt von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die vom Kabinett des damaligen Innenministers Herbert Kickl (FPÖ) mit "Belastungszeugen" gegen Verfassungsschutzbeamte versorgt worden war. Der Großteil der damaligen Vorwürfe erwies sich zwar als haltlos. Die Opposition vermutete als Motiv für das Vorgehen des Ministerbüros aber ohnehin, dass die FPÖ den wegen seiner Ermittlungen gegen Rechtsextreme unbequemen Verfassungsschutz unterminieren wollte.

Verfahrensrichter Strauss wirft in seinem Bericht Goldgruber, der als rechte Hand von Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) im Ministerium fungierte, nicht nur eine deutliche Überschreitung seiner Befugnisse vor, sondern de facto auch eine falsche Aussage im Ausschuss. Goldgruber hatte dort zuerst dementiert, im Verfassungsschutz nachgefragt zu haben, wo verdeckte Ermittler gegen Rechtsextreme im Einsatz waren. Später verweigerte er bei dieser Frage die Aussage. Strauss geht aufgrund der vorliegenden Unterlagen aber davon aus, dass diese Frage tatsächlich gestellt wurde. "Die sich zum Teil widersprechenden Aussagen von Goldgruber erscheinen im Hinblick auf dessen zahlreiche Erinnerungslücken und Aussageverweigerungen als nicht glaubwürdig", schreibt Strauss. Und: "Die Tatsache, dass Goldgruber explizit danach fragte, in welchen Bereichen im Rechtsextremismusbereich verdeckte Ermittler eingesetzt waren, stellt eine nicht unerhebliche Überschreitung seiner Befugnisse dar."

Dass die FPÖ erfahren wollte, ob und wo verdeckte Ermittler gegen parteinahe Burschenschaften eingesetzt werden, war von den anderen Parteien als ein möglicher Hintergrund für die Razzia im BVT vermutet worden. Warum bei dieser Hausdurchsuchung am 29. Februar 2018 ausgerechnet das Büro der Extremismus-Referatsleiterin Sibylle G. genau durchsucht wurde, konnte vom Ausschuss nicht nachvollzogen werden, wie Strauss schreibt.

Dass die Polizisten bei der Razzia keinen Zugriff auf sensible Daten gehabt hätten, wie das Kickl und die Chefin der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Ilse Vrabl-Sanda behaupteten, weist Strauss zurück: "Die Aussagen von Kickl und Vrabl-Sanda sind sohin aufgrund der festgestellten Ergebnisse zumindest infrage zu stellen." Nicht belegt ist für Strauss aber der Verdacht, die Beamten hätten Daten mitgenommen. Gleiches gilt für den Vorwurf, die Polizeieinheit EGS wäre wegen ihrer FP-Nähe für die Razzia ausgewählt worden.

Hart ins Gericht geht der Bericht mit der Arbeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die die Razzia im BVT gemeinsam mit Kickls Ministerbüro vorangetrieben hatte. Strauss vermisst seitens der ermittelnden Staatsanwälte "Objektivität und Folgenabschätzung": "Mit etwas weniger Tempo hätte der enorme Schaden, der durch das für einen Nachrichtendienst an sich abträgliche Medieninteresse am allgemeinen Vertrauen in das BVT entstanden ist, unter Umständen abgewendet werden können."

Das "erhebliche Interesse" des Ministerbüros an der Bereitstellung von Zeugen gegen das BVT ist für Strauss zwar dokumentiert - durch die Vorbesprechungen mit drei der vier Belastungszeugen. Dass diese unter Druck gesetzt wurden, glaubt Strauss aber nicht. "Auffällig" war aus seiner Sicht freilich, dass Goldgruber die Suspendierung von BVT-Chef Peter Gridling trotz interner Bedenken durchdrückte. Die Suspendierung wurde später per Gerichtsbeschluss wieder aufgehoben.

Kritik übt Strauss am früheren Chef der Nachrichtendienstabteilung, Bernhard P. - einem Vertrauensmann der ÖVP. Er hatte sich beim ehemaligen Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Herbert Anderl, als Cartellbruder vorgestellt und angeboten, "authentische Informationen abseits der formellen Kanäle" zu liefern. "Das Angebot eines BVT-Mitarbeiters - noch dazu in einem der sensibelsten Bereiche des BVT - Informationen außerhalb des Dienstwegs zu liefern, kann nicht kritisch genug gesehen werden", bemängelt Strauss. Er sieht den Verdacht der Existenz eines politischen Netzwerkes im Innenministerium damit "bestärkt". P. selbst arbeitet nicht mehr im BVT.

Die FPÖ wies schon im Sommer die Kritik des Verfahrensrichters als "undifferenziertes Kickl-Bashing" zurück. Dessen Schlussfolgerungen seien "nicht nachvollziehbar", sagte der freiheitliche Fraktionsführer im U-Ausschuss, Hans-Jörg Jenewein. Auch ein Einfluss des Innenministeriums auf die WKStA sei nicht erkennbar.

Für ÖVP-Fraktionsvorsitzende Gaby Schwarz ist dagegen eindeutig ans Tageslicht gekommen, dass Goldgruber eine Schlüsselrolle gespielt habe, um die Hausdurchsuchungen im BVT in Gang zu setzen. Diese habe einen "großen Schaden für das BVT und seine internationale Reputation" verursacht.

Ähnlich sah das auch NEOS-Sicherheitssprecherin Stephanie Krisper. Die Ressortführung von Kickl abwärts habe auf die Hausdurchsuchung im BVT abgezielt und deren Verwirklichung aktiv durch Unterminierung der Gewaltenteilung betrieben. SPÖ-Fraktionschef Jan Krainer sah die politische Hauptverantwortung bei Ex-Innenminister Kickl und Altkanzler Sebastian Kurz. Kickl habe dem BVT und Österreich Schaden zugefügt und "Kurz hat zugeschaut". "Das war vollkommen unverantwortlich", so Krainer.

Kommentare