APA - Austria Presse Agentur

Trauriger Rekord: 339 Mio. Menschen können ohne Hilfe nicht überleben

339 Millionen Menschen hatten 2022 weltweit nicht genug Güter des täglichen Bedarfs zum Überleben und sind daher akut auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Das geht aus dem CARE-Bericht "Breaking the Silence" hervor, bei dem die Hilfsorganisation alljährlich die zehn humanitären Krisen ins Rampenlicht rückt, über die im Vorjahr am wenigsten berichtet wurde. CARE Österreich-Geschäftsführerin Andrea Barschdorf-Hager nannte dies bei einer Pressekonferenz einen Rekord.

Zahlen stark gestiegen

Die Zahl sei innerhalb eines Jahres um 65 Millionen Menschen gestiegen, so Barschdorf-Hager. Auch der heuer zum siebenten Mal publizierte und am Donnerstag veröffentlichte Bericht selbst ist rekordverdächtig, und das nicht in positivem Sinn. Besonders die zahlreichen Katastrophen auf dem afrikanischen Kontinent scheinen nur wenige Medienschaffende zu interessieren: Alle zehn der Krisen, über die am wenigsten im Vorjahr berichtet wurde, liegen erstmals in Afrika - von Angola bis Niger. Und sieht man sich die nachfolgenden Plätze bis 19 an, so sind auch nur zwei nicht-afrikanische Staaten darunter: Peru auf Platz zwölf und Indonesien auf 13.

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Barschdorf-Hager: Es gibt keine monokausalen Krisen

Barschdorf-Hager sieht die Ursache unter anderem darin, dass "es keine Krisenregion auf der Welt gibt, die so schwer und auch so teuer zu bereisen ist (wie die Katastrophen in Afrika, Anm.)". Die CARE-Geschäftsführerin betonte auch, dass es keine monokausalen Krisen gebe. Meistens treffen mehrere Faktoren zusammen, eine Klammer ist aber praktisch allen Katastrophen gemeinsam: der Klimawandel. So finden sich Malawi, Sambia, Simbabwe und - wenn man Platz 14 hinzunimmt - Mosambik auf der Liste, die alle von Klimakapriolen im südöstlichen Afrika mit Zyklonen und langen Dürreperioden schwer getroffen wurden.

Auch bezeichnend ist, dass praktisch alle Krisenregionen in Afrika massiv mit den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine-Krieges zu kämpfen haben und dieser die ohnehin untragbare Situation noch einmal massiv verschärfte. In Angola, Platz eins der Liste, kam es zu exorbitanten Preissteigerungen beispielsweise bei Getreide und Speiseöl. Das Land zählt weltweit zu den vier Staaten, in denen sich die durch den Krieg bedingten Preissteigerungen für diese Produkte am stärksten ausgewirkt haben. Von Jänner bis Mitte Oktober fanden sich gerade einmal 1.847 Online-Artikel, die sich mit der Situation in Angola auseinandersetzten.

CARE ging in Kooperation mit dem Medienbeobachtungsunternehmen Meltwater vor wie immer: Zunächst wurden weltweit jene Krisen definiert, bei denen mehr als eine Million Menschen dauerhaft auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. 47 waren das im Jahr 2022 - "Tendenz leicht steigend", sagte Barschdorf-Hager. Anhand von Stichworten wie Klimawandel, Dürre, Konflikte und Krieg wurden mehr als 5,8 Millionen Berichte durchforstet und das Ranking erstellt. Der Krieg in der Ukraine führte dazu, dass die Krise dort zur weltweit am meisten berichteten wurde - "schlagartig", wie Barschdorf-Hager bemerkte. Im Vorjahr lag die schon vor dem Krieg herrschende humanitäre Krise noch auf Platz zwei der am wenigsten beachteten.

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Die CARE-Geschäftsführerin betonte ausdrücklich, dass es nicht darum gehe, die Krisen in eine Konkurrenzsituation zueinander zu bringen. "Der Blick richtet sich auf das, was gerade aktuell ist. Das heißt aber nicht, dass die anderen Krisen nicht mehr da sind. Nothilfe muss man überall leisten. Es ist ganz klar, dass die Menschen in Angola oder Malawi genauso Hilfe benötigen wie jene in Afghanistan, Syrien oder in der Ukraine."

Zentralafrikanische Republik und Burundi stark betroffen von Armut

In dem Bericht findet man auch traurigerweise Dauergäste: Die Zentralafrikanische Republik etwa war bisher noch in jedem der sieben Reports vertreten, und auch Burundi fand sich nur einmal nicht im "Breaking the Silence"-Report. "Es ist wichtig, diesen Bericht zu haben, damit das Licht auf diese vergessenen Katastrophen gerichtet wird", sagte Claudine Awute, Vizepräsidentin bei CARE für die internationalen Programme. Nur so könne man Entscheidungsträger, Spender und Unterstützer dazu bewegen, sich für die Menschen in diesen Krisengebieten einzusetzen.