APA - Austria Presse Agentur

China betreibt auch in Tibet umstrittenes Arbeitsprogramm

China zwingt laut einem Bericht eines US-Forschungsinstituts tibetische Hirten und Bauern in Arbeitsprogramme ähnlich denen in der chinesischen Unruheregion Xinjiang. Diese Praxis drohe zum "Verlust des kulturellen Erbes" Tibets zu führen, hieß es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht. Die Bergregion war bis 1951 unabhängig und wurde dann de facto in die Volksrepublik China eingegliedert.

Die Behörden in Tibet bewerben das umstrittene Arbeitsprogramm, bei dem Bewohner ländlicher Regionen in Fabriken geschickt werden, als Maßnahme im Kampf gegen die Armut. Forscher der Jamestown Foundation kritisierten dagegen, das "militarisierte Berufstraining" sei eine Form der ideologischen Indoktrinierung und Assimilierung der Tibeter, die 90 Prozent der Bevölkerung in der abgelegenen Region im Westen von China ausmachen. Den Forschern zufolge wurden allein in den ersten sieben Monaten dieses Jahres mehr als 500.000 Hirten und Bauern in dem Arbeitsprogramm ausgebildet.

Laut einem in dem Bericht zitierten Aktionsplan der chinesischen Regierung sollen in dem Programm "Arbeitsdisziplin, chinesische Sprache und Arbeitsethik" vermittelt werden. In einem Bericht der Stadtverwaltung von Nagqu vom Jahr 2018 sollten damit "faule Leute wirksam eliminiert" werden.

Studienautor Adrian Zenz warnte, die zunehmend assimilatorische Minderheitenpolitik der chinesischen Regierung drohe auf lange Sicht zu einem Verlust des sprachlichen, kulturellen und geistigen Erbes Tibets zu führen.

Der Studie zufolge hat das Programm in Tibet Parallelen zu chinesischen Programmen in der Uiguren-Region Xinjiang. In der muslimisch geprägten Region nahmen laut Regierungsangaben zwischen 2014 und 2019 jährlich im Durchschnitt 1,29 Millionen Menschen an Arbeitsprogrammen teil.

Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen sind in Xinjiang zudem mehr als eine Million Uiguren und andere Muslime in Haftlagern eingesperrt. Sie werden dort nach Angaben der Aktivisten zur Aufgabe ihrer Religion, Kultur und Sprache gezwungen und teilweise auch misshandelt. Peking weist die Vorwürfe zurück und spricht von "Bildungszentren", die dem Kampf gegen islamistische Radikalisierung dienten.