APA - Austria Presse Agentur

Chipmangel könnte Motor bei BMW ins Stottern bringen

Der deutsche Autobauer BMW wird nach einem unerwartet starken zweiten Quartal nur in Teilen zuversichtlicher. Im Kerngeschäft mit dem Autobau setzt das Management um Chef Oliver Zipse angesichts drohender weiterer Belastungen aus höheren Rohmaterialpreisen und knapper Halbleiterversorgung weiter auf Vorsicht. Die Münchener behielten am Dienstag den Ausblick für die Profitabilität in der Sparte bei.

Für die Finanzdienstleistungen erwartet der DAX-Konzern hingegen deutlich mehr Rendite. Beim freien Finanzmittelzufluss rechnet BMW nun sogar mit einem Bestwert.

Der Halbleitermangel und höhere Rohstoffpreise dürften auch das zweite Halbjahr belasten, hieß es vom Konzern. Bisher habe man die Herausforderungen wegen des Chipmangels in Einkauf, Produktion und Vertrieb gut meistern können, sagte Finanzchef Nicolas Peter. "Mit zunehmender Dauer der Lieferengpässe wird die Situation allerdings angespannter", warnte er. "Wir rechnen auch im zweiten Halbjahr mit Produktionseinschränkungen und damit verbundenen Auswirkungen auf den Fahrzeugabsatz." Vor höheren Rohstoffpreisen hatte BMW schon mit den Zahlen zum ersten Quartal gewarnt.

Die BMW-Stammaktie verlor nach Handelsbeginn fast 3 Prozent. Nach seinem Jahreshoch bei über 96 Euro im Juni hatte sich der Kurs wieder nach unten orientiert und zuletzt um die 85 Euro gependelt. Analyst Arndt Ellinghorst von Bernstein Research wertete das operative Ergebnis besser als von ihm geschätzt. Der Experte rechnet damit, dass der Konzern erst nach dem dritten Quartal zuversichtlicher wird für die Marge in der Autosparte. UBS-Experte Patrick Hummel sprach von einem vorsichtigen Ton fürs zweite Halbjahr, Jefferies-Analyst Philippe Houchois von einer "Enttäuschung" beim Ausblick.

Bei der von Anlegern stark beachteten Jahresprognose für die Ergebnismarge vor Zinsen und Steuern in der Autosparte geht das Management wie bisher von einem Wert am oberen Ende der Bandbreite von 7 bis 9 Prozent aus. Analysten rechnen bereits mit Werten von um die knapp 10 Prozent.

Dass BMW im zweiten Quartal wieder besser dastehen würde als vor einem Jahr auf dem Höhepunkt der Coronakrise mit stillgelegten Fabriken und geschlossenen Autohäusern - das war klar, denn das Unternehmen hat zwischen April und Juni insgesamt fast 45 Prozent mehr Autos der Marken BMW, Mini und Rolls-Royce ausgeliefert. Der Umsatz schnellte um 43,1 Prozent auf 28,6 Milliarden Euro nach oben.

Zudem konnte sich BMW einen Sonderertrag gutschreiben, weil mit dem Ende des EU-Kartellverfahrens gegen die deutschen Autobauer die hohe Rückstellung von vor zwei Jahren in großen Teilen wieder aufgelöst werden konnte. 1,4 Mrd. Euro hatte BMW damals als Vorsorge verbucht. Im Mai konnte BMW davon rund 1 Milliarde wieder auflösen, im Juli dann stimmte das Unternehmen einem Bußgeldbescheid aus Brüssel über knapp 373 Mio. Euro zu, um das Verfahren aus dem Weg zu räumen.

Trotz des Sonderertrags fielen die Zahlen jedoch unerwartet stark aus. Vor Zinsen und Steuern stieg das Konzernergebnis auf 5 Mrd. Euro. Das war mehr als selbst mancher Optimist den Münchenern zugetraut hat. Vor einem Jahr hatte BMW wegen der eingebrochenen Märkte einen operativen Verlust von 666 Mio. Euro erlitten. Der Überschuss lag bei 4,8 Mrd. Euro, nach einem Verlust von 212 Mio. Euro ein Jahr zuvor. Auch die Gewinne in China waren deutlich gestiegen.

In der Autosparte führte das rund laufende Geschäft zusammen mit dem Sondereffekt der teils aufgelösten Rückstellungen zu einer operativen Marge von 15,8 Prozent. Nach sechs Monaten liegt sie bei 13 Prozent. BMW profitiert wie die gesamte Branche derzeit von einem guten Preisumfeld. Angesichts hoher Nachfrage und langer Lieferzeiten bei Autos müssen die Verkäufer den Kunden derzeit nur wenig Rabatte einräumen.

Auch der Trend zu teureren und schwereren Modellen treibt die Gewinne nach oben. Zudem trat BMW bei den Forschungs- und Entwicklungsleistungen weiter spürbar auf die Bremse und gab weniger Geld für neue Technik aus.

Finanzchef Peter rechnet nun dank der brummenden Geschäfte mit einem freien Finanzmittelzufluss der Autosparte im Jahr über dem bisherigen Rekordwert von 5,8 Mrd. Euro. Bisher waren mehr als 4 Mrd. Euro veranschlagt. Für Profiinvestoren ist die Kenngröße wichtig, weil sie die aktuelle Finanzkraft beschreibt und auch Aufschluss über die Dividendenhöhe geben kann.

Bei den Finanzdienstleistungen erzielte BMW dank anziehender Neuverträge und höheren Vermarktungserlösen bei Leasingrückläufern ebenfalls deutlich höhere Gewinne. Hohe Marktpreise für Autos schlagen sich auch in höheren Gebrauchtwagenpreisen nieder - die Restwerte der Leasingrückläufer steigen. BMW rechnet für die Eigenkapitalrendite der Sparte nun mit einem Wert zwischen 17 und 20 Prozent statt wie bisher mit 12 bis 15 Prozent. Im zweiten Halbjahr sollten geringere Risikokosten für Kredit- und Restwertrisiken anfallen als bisher gedacht. Und im Motorradgeschäft rechnet BMW nun mit deutlicher steigenden Auslieferungen dank der positiven Marktentwicklung.