APA - Austria Presse Agentur

CO2-Freies Fliegen ist noch in weiter Ferne

Der Flugverkehr ist in der Coronakrise eingebrochen, bereitet sich aber auf einen Neustart vor, sobald Reisen wieder freigegeben wird. Bisher hat der Flugverkehr nach Krisen innerhalb von zwei bis sechs Jahren das Vorkrisenniveau wieder erreicht. Aus Umweltsicht ist dieser Neustart aber ein fragwürdiger Segen. Steuern sollten dafür sorgen, dass weniger und daher mit weniger CO2-Ausstoß geflogen wird, sagten Experten in einer Veranstaltung des Verkehrsclub Österreich (VCÖ).

Ein großer Kritikpunkt waren dabei die steuerlichen Vergünstigungen des Flugverkehrs. Wifo-Expertin Margit Schratzenstaller erinnerte daran, dass Flugbenzin (Kerosin) international ebenso steuerfrei ist wie Flugtickets. In Österreich seien auch Flughafenflächen von der Grundsteuer ausgenommen. Zwar gilt eine 13-prozentige Mehrwertsteuer auf Flugbenzin und Flugtickets im inländischen Flugverkehr, das sei aber wenig wirkungsvoll, da weniger als 5 Prozent der Flüge auf Inlandsstrecken entfallen und der Mehrwertsteuerabzug gilt.

Schratzenstaller sprach sich für höhere Steuern auf den Sektor aus. Dazu gehören Mehrwertsteuer auf Tickets und Mineralölsteuer auf Flugbenzin. Bei Flügen innerhalb der EU könnte Flugbenzin besteuert werden, das geschehe aber nicht, kritisierte sie. International ist hingegen in einem Abkommen von 1948 vereinbart, darauf zu verzichten. Außerdem brauche es eine "effektive" Flugticketabgabe. In Österreich sind derzeit 12 Euro für alle Strecken vorgesehen (Ausnahme: 30 Euro für ganz kurze Strecken bis 350 km). Das sei weniger als in Deutschland, wo gestaffelte und mit den Jahren steigende Abgaben gelten. Schratzenstaller räumt ein, dass eine EU-weite Koordination nötig wäre, um Wirkung zu zeigen. Einen Vorschlag aus dem Publikum, Flüge nur dann als Betriebsausgaben anzuerkennen, wenn es keine Alternativen wie Bahn oder Videokonferenzen gibt, kann sie grundsätzlich etwas abgewinnen.

Während es klare Vorstellungen gibt, wie Fliegen verteuert werden könnte, ist die CO2-Vermeidung schwieriger. Jekaterina Boening von der Umwelt- und VCÖ-Partnerorganisation Transport&Energy verweist darauf, dass zwar die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Quellen das effizienteste wäre, Batterien aber maximal sehr kurze Flugstrecken ermöglichen können. Als zweiteffizienteste Variante, die zumindest für Mittelstrecken technisch möglich wäre, könnte Wasserstoff auf Basis erneuerbarer Energiequellen dienen. Aber auch da steht man erst sehr am Anfang. Airbus habe zwar für 2035 ein Wasserstoffflugzeug in Aussicht gestellt, ob das Projekt verwirklicht wird, müsse sich erst zeigen - außerdem könne die Welt nicht bis 2035 warten. Auch die Herstellung von grünem Wasserstoff sei noch nicht in industriellem Ausmaß verwirklicht.

Daher biete sich als Zwischenlösung nur die Beimischung synthetischen Flugbenzins an. Das biete aber augrund der vielen Verarbeitungsschritte nur eine Energieeffizienz von rund 20 Prozent. Die nötigen erneuerbaren Strommengen für die Herstellung wären enorm: Nur für klimaneutrales Fliegen wären im Jahr 2050 535 TWh (Terrawattstunden) nötig, fast so viel wie ganz Deutschland heute verbraucht. Will man den ganzen Verkehrssektor mit synthetischem Treibstoff dekarbonisieren, dann wäre bis 2050 eine Fläche nötig, die 1,7 Mal der Fläche Österreichs entspricht.

In Summe sei die Dekarbonisierung des Flugverkehrs zwar technisch möglich, angesichts der Größe und technischen Ungewissheiten der Aufgabe seien aber kurz- bis mittelfristig Verhaltensänderungen gefordert, um die Klimawirkung des internationalen Luftverkehrs einzudämmen, sagt Boening.