Comeback nach 23 Jahren: Kafka-Preis an Josef Winkler
Vergeben von der Österreichischen Franz-Kafka-Gesellschaft, wird das Preisgeld vom Kulturministerium sowie der Kulturabteilung des Landes Niederösterreich gestiftet. Zwischen 1979 und 2001 hatten u.a. Peter Handke, Elias Canetti, Ilse Aichinger und Herta Müller zu den Geehrten gezählt.
Als "Diagnose einer kranken Gesellschaft" würdigte Jurymitglied Dana Pfeiferová in ihrer Laudatio den 2022 auf Deutsch erschienenen Roman "Stunden aus Blei" von Odradek-Preisträgerin Denemarková. "Der philosophisch geprägte Essayroman (Konfuzius tritt in einen Dialog mit Vaclav Havel) zeigt eine Gesellschaft, die sich nur über das Geld definiert, am Rande des Abgrunds", so die Jury in ihrer Begründung. In ihrer Dankesrede wandte sich die ehemalige Grazer Stadtschreiberin gegen jegliche Erniedrigung der Menschenwürde und gegen wirtschaftliches Wachstum auf Kosten totaler Überwachung. Literatur solle sich für Wahrheit, Demokratie und Menschenrechte einsetzen, erklärte Denemarková: "Wir machen einfach weiter!"
Peter Rosei, 1993 selbst Kafka-Preisträger, betonte die Radikalität und "Rücksichtslosigkeit gegen sich selber" im Schaffen von Josef Winkler, der u.a. bereits mit dem Österreichischen Staatspreis für Literatur (2007) und dem Georg Büchner-Preis (2008) ausgezeichnet wurde. Sein Werk sei ein "Aufbegehren gegen Gewalt" und ein "uphill battle gegen eine Übermacht". Winklers Werk stehe für Literatur höchsten ästhetischen Anspruchs, so die Jury. Der Preisträger nützte seine Rede, um ein österreichisches Bibliotheksgesetz zu urgieren, und schloss mit Zitaten von Georg Büchner ("Wenn wir in den Himmel kämen, müssten wir donnern helfen") und Rene Char ("Kafka ist unsere Pyramide").
Über die "würdige Weiterführung eines renommierten Preises" freute sich Manfred Müller, Präsident der Österreichischen Franz-Kafka-Gesellschaft, der auch einen instruktiven Vortrag über Kafkas letzte Tage im Kierlinger Sanatorium Hoffmann hielt, ergänzt durch zeitgenössisches Bildmaterial und von Nikolaus Kinsky vorgetragene Texte über Kafka. Heidelinde Gratzl (Akkordeon) steuerte musikalische Intermezzi bei, Charlotte Aigner und Ziga Jereb boten eine Performance "Kafka tanzt" zu Musik von Simon Spitzer.
Klosterneuburg trägt zum heurigen Gedenken an Kafkas 100. Todestag u.a. mit einer Ausstellung des Künstlerbunds, der Benennung eines Franz-Kafka-Wegs und einer Lesung von Nicolas Mahler ("Komplett Kafka", "Kafka für Boshafte") im Martinskeller am 21. Juni um 19 Uhr bei. Der Kafka-Gedenkraum in Kierling ist jeweils samstags sowie gegen Voranmeldung unter Tel. 01/5338159 zu besichtigen.
(S E R V I C E - www.franzkafka.at)
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