APA - Austria Presse Agentur

Corona im Deutschen Nationalteam: Erneute Diskussion um Impfungen

Hansi Flick hat am Dienstag mit seinem durch Corona dezimierten Kader mit fast sechs Stunden Verspätung das erste Training gestartet.

Der deutsche Fußball-Teamchef wollte im Notfallmodus nicht noch mehr Zeit verlieren. Oliver Bierhoff spürte trotz der Infektion von Bayern-Verteidiger Niklas Süle und der Quarantäne für vier weitere DFB-Internationale, darunter Salzburgs Karim Adeyemi und Bayerns Impf-Skeptiker Joshua Kimmich, aber keinen Schockzustand beim Team.

"Ich habe noch keinen Spruch von Thomas Müller gehört. Aber der wird bestimmt in den nächsten Stunden noch kommen", sagte der DFB-Direktor und vertraute vor dem Abschluss in der WM-Qualifikation auf die Komik-Künste des Bayern-Anführers auch in schwierigen Situationen.

Bierhoff kam da gerade aus einer extra langen DFB-Teamsitzung im Ritz Carlton in der Wolfsburger Autostadt. Er selbst war am Dienstag auch nicht als Entertainer, sondern als Krisenmanager gefragt. Die Nationalmannschaft steckt nach der emotionalen Kimmich-Debatte um eine mögliche oder nötige Impfpflicht für ihre Stars nämlich schon wieder tief in der Corona-Falle. "Man musste natürlich damit rechnen. Wir wussten, was auf uns zukommen kann, das müssen wir akzeptieren und damit umgehen", sagte der Verbandsmanager.

Für die Bayern-Profis Süle, Kimmich, Serge Gnabry und Jamal Musiala sowie für Adeyemi ging es am Dienstag gleich wieder nach Hause Richtung Süden - Corona-Quarantäne statt Länderspiel, heißt es für das Quintett. Flick muss vor dem letzten Heim-Länderspiel des Jahres am Donnerstag gegen Liechtenstein nun kräftig umplanen und nominierte als erste Sofortmaßnahme die Wolfsburger Maximilian Arnold und Ridle Baku sowie Kevin Volland von Monaco nach.

DFB-Teamarzt Tim Meyer - ein bekennender Impf-Befürworter und seit Ausbruch der Pandemie als Top-Experte auch für die UEFA und die DFL aktiv - fiel bei der DFB-Pressekonferenz die schwere Aufgabe zu, den medizinischen und rechtlichen Rahmen zu erläutern. Wieso wurden die vier negativ getesteten Kontaktpersonen um Kimmich in Quarantäne geschickt, vier andere Begleiter des doppelt geimpften und symptomfreien Süle (Leon Goretzka, Leroy Sane, Thomas Müller, Manuel Neuer) bei der Anreise nach Wolfsburg aber nicht? Dass außer Kimmich auch die drei anderen DFB-Kicker ungeimpft sind, wollte Meyer nicht bestätigen.

"Grundsätzlich ist es so, dass die Impfung eines der Kriterien ist", sagte Meyer. Auch "die Intensität und die Dauer der Kontakte" werde einbezogen. Laut grundsätzlicher Empfehlung des Robert-Koch-Instituts (RKI) müssen enge Kontaktpersonen ohne Symptome nicht mehr in Quarantäne, wenn sie geimpft sind. Die letzte Entscheidung liegt im konkreten Fall nun beim Gesundheitsamt München-Land am Heimatort der Betroffenen. Der DFB muss sich wieder mit seinen Leitlinien in der Pandemie befassen.

"Schadenfreude ist jetzt fehl am Platz. Ich hoffe dennoch, dass Joshua Kimmich sich noch für die Impfung entscheidet. Die Impfung schützt vor Covid, schweres Covid gefährdet die Spielstärke", twitterte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Flick, Bierhoff und Meyer hatten immer klar gemacht, dass sie auch im DFB-Zirkel für Impfungen werben.

Die Austragung des Liechtenstein-Spiels und der letzten Quali-Partie für die WM-Endrunde in Katar 2022 am Sonntag in Eriwan gegen Armenien ist derzeit nicht gefährdet. Das WM-Ticket hat die DFB-Auswahl ohnehin schon gebucht. Auch die Abschiedsfeier für Flicks Vorgänger Joachim Löw soll am Donnerstag vor dem Anpfiff unter 2G-Bedingungen vor 26.000 Zuschauern in der unter Corona-Bedingungen ausverkauften VW-Arena stattfinden. "Wir freuen uns, dass wir ihm zum Ende des Jahres einen gebührenden Abschied bereiten können", sagte Bierhoff.