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ForscherInnen fordern gesamteuropäische Corona-Strategie für Herbst

Eine Gruppe österreichischer ExpertInnen fordert in einem neuen Artikel eine Corona-Strategie für Herbst.

Um größere Verwerfungen durch Covid-19 im Herbst zu vermeiden, fordern namhafte WissenschafterInnen im Fachmagazin "The Lancet" eine europaweit abgestimmte Niedriginzidenzstrategie. Ausgehend von den Impfraten im August sei bei einer Hochinzidenzstrategie mit mehreren hundert neuen Fällen pro Million EinwohnerInnen täglich zu rechnen. Fahre nur ein Staat diesen Weg, könne das andere gefährden. Die Länder sollten "aufhören, so zu tun, als könnten sie die Pandemie alleine bekämpfen".

Aus Österreich finden sich mit der Politikwissenschafterin Barbara Prainsack von der Universität Wien, der Epidemiologin Eva Schernhammer von der MedUni Wien und der Harvard Medical School (USA), Thomas Czypionka vom Institut für Höhere Studien (IHS) oder Peter Willeit von der Medizinischen Universität Innsbruck und der University of Cambridge (Großbritannien) wichtige Fachvertreter unter den AutorInnen.

Wie erwartet ließen die aufgrund der niedrigen Fallzahlen gelockerten Eindämmungsmaßnahmen die Neuinfektionen aktuell wieder ansteigen, heißt es in den Papier. Tatsächlich wurde in Österreich am Mittwoch mit 902 Neuinfektionen mit den SARS-CoV-2-Virus der höchste Wert seit dem 13. Mai erreicht.

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Öffnungsschritte an den Impffortschritt anpassen

Die infektiösere Delta-Variante führe dazu, dass "Europa eine kohärente und effektive Strategie" brauche, bevor die Schulen wieder im Vollbetrieb sind und der bei Coronaviren bekannte Effekt der beschleunigten Ausbreitung bei kühleren Temperaturen (Saisonalität) zum Tragen kommt, schreiben die WissenschafterInnen.

Hinter einer möglichen Hochinzidenzstrategie steht die Hoffnung, dass man sich bei weiter weinigen Kontakteinschränkungen und Restriktionen quasi relativ viele Infektionen leisten kann, nachdem eine bestimmte Anzahl an Personen bereits die Erkrankung durchgemacht hat oder schon geimpft ist. Dadurch werden vor allem schwere Verläufe seltener und dem Gesundheitssystem droht trotz mitunter hoher Zahlen nicht so rasch die Überlastung.

Dem gegenüber steht die Niedriginzidenzstrategie, in der Öffnungsschritte an den Impffortschritt angepasst werden, um die Neuinfektionsraten möglichst niedrig zu halten. Durch Testen und das Kontaktnachverfolgungssystem (TTI) würde dann die Situation weitgehend kontrolliert. Bei Impfraten wie momentan blieben die Neuinfektionszahlen so deutlich unter einhundert pro Tag, berechneten die Forscher. Verfolgen nun Länder erstere Strategie, erhöhen sie damit das Risiko auch für Niedriginzidenz-Länder.

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Die Vorteile niedriger Zahlen hat die ForscherInnengruppe auch schon in früheren Publikation mehrfach hervorgestrichen: Sie umfassen u.a. eine niedrigere Sterberate und weniger Long-Covid-Fälle, die bessere Vermeidung der Entstehung neuer bedenklicher Varianten, ein funktionierendes TTI-System, weniger Menschen in Quarantäne und Einschränkungen der Wirtschaft dadurch sowie offene Schulen und Kindergärten über die kalte Jahreszeit. Im Gegensatz dazu bergen höhere Inzidenzen immer noch die Gefahr, dass Intensivstationen überlastet und dass Freiheiten erneut reduziert werden, heißt es in dem Papier.

Die WissenschafterInnen "empfehlen, dass alle europäischen Länder gemeinschaftlich handeln, um niedrige Inzidenzen zu erreichen – zumindest bis jeder die Möglichkeit hat, sich impfen zu lassen". Dies sei auch eine Frage der Solidarität zwischen den Staaten, die auch klar kommunizieren und Falschinformationen entgegentreten müssten.