APA - Austria Presse Agentur

Expertin: Falscher Zeitpunkt für Warten auf neue Impfstoffe

Jeder Mensch in Österreich sollte sich drei Teilimpfungen gegen Covid-19 holen.

Zuwarten bis zum Vorhandensein weiterer Vakzine sei falsch. Österreich drohen zusätzlich massive Lücken bei den herkömmlichen Immunisierungen. Davor warnten am Mittwoch Experten aus Anlass des Österreichischen Impftages (22. Jänner 2022) bei einer Online-Pressekonferenz.

"Es ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt zu warten. Das ist eine sehr schlechte Wahl. Wir benötigen (gegen Covid-19; Anm.) nicht nur den dritten Stich. Die Menschen, die sich bisher nicht impfen haben lassen, sollten weiterhin mit der Impfserie beginnen", erklärte die Wiener Vakzinologin Ursula Wiedermann-Schmidt (MedUni Wien).

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Alle Corona-Impfstoffe sind "Totimpfstoffe"

Auch alle bisher vorhandenen Covid-19-Vakzine seien "Totimpfstoffe", weil sie keine vermehrungsfähigen Erreger enthielten, betonte die Expertin. Wahrscheinlich noch vor Weihnachten werde aber ein weiterer Impfstoff des US-Unternehmens Novavax mit dem SARS-CoV-2 Spike-Protein als Antigen zugelassen werden.

"In weiterer Folge dürften dann Impfstoffe mit inaktiviertem Virus und einem Adjuvans kommen." Doch Zuwarten auf sozusagen "alte und bewährte Technologie" sei einfach falsch. Ursula Wiedermann-Schmidt: "Wir haben für alle diese Impfstoffe extrem hohe Erfahrungswerte."

Was schon seit Vorhandensein der Covid-19-Vakzine insgesamt dringend notwendig wäre: Im Grunde genommen sollte mittlerweile ab dem Kindesalter von fünf Jahren jeder Mensch in Österreich per Impfung geschützt werden. Der Leiter des Impfreferates der Österreichischen Ärztekammer, Rudolf Schmitzberger: "Wir wissen, dass wir für die Impfserie jetzt drei Impfungen brauchen." Der "dritte Stich" sei kein "Booster" mehr. Auch viele andere Impfungen funktionieren erst nach drei Teilimpfungen.

Ursula Wiedermann-Schmidt fasste den derzeitigen Stand bei der Covid-19-Impfung zusammen: Nach der zweiten Teilimpfung kann man von einem Impfschutz für sechs bis neun Monate ausgehen. Aber, so die Expertin: "Menschen ab 60 Jahren oder mit chronischen Erkrankungen sollten schon ab vier Monate nach der zweiten Impfungen die dritte erhalten. Die übrige Bevölkerung sollte nach sechs Monaten erneut geimpft werden."

Es gibt Besonderheiten bezüglich der Vektor-Vakzine: Personen, welche den zunächst nur einmalig vorgesehenen Janssen-Vektor-Impfstoff erhalten haben, sollten nach einem Monat eine zweite Impfung mit einer mRNA-Vakzine erhalten, nach weiteren sechs Monaten eine Auffrischungsimpfung. Nach anfänglicher Durchimpfung mit der AstraZeneca-Vakzine (zwei Teilimpfungen) sollte nach vier Monaten die dritte Teilimpfung mit einem mRNA-Impfstoff erfolgen.

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Es geht nicht nur um Covid-19. Beim Österreichischen Impftag (Österreichische Ärztekammer, Österreichische Apothekerkammer, MedUni Wien, Akademie der Ärzte) unter dem Generalmotto "Ein Jahr Corona-Impfungen – Ist die Pandemie unter Kontrolle?" wird auch der neue Österreichische Impfplan vorgestellt werden. Und was die vielen darin enthaltenen wichtigen Impfungen betrifft, tun sich hier offenbar Pandemie-bedingte große Lücken auf.

Schmitzberger: "Es ist ein dramatischer Abfall bei den Impfungen zu verzeichnen. Es wurden nur 40 Prozent der Impfungen gegen die Meningokokken und Hepatitis B abgerufen." Ebenso sind offenbar nur 80 Prozent der Mehrfachimpfungen für Babys und Kinder, unter anderem gegen Diphtherie, Polio, Tetanus etc. in Anspruch genommen worden. Selbst bei der FSME hätte es wohl einen Einbruch bei den Impfungen gegeben.

Schließlich sollte niemand auf die Grippe-Impfung vergessen. Gerhard Kobinger, Präsidiumsmitglied der Österreichischen Apothekerkammer: "Es wäre jetzt gerade die ideale Zeit für die Influenza-Impfung. Im vergangenen Jahr hatten wir eine Durchimpfungsrate von 21,4 Prozent, in den Jahren vorher nur von acht bis neun Prozent." Derzeit könne man wieder nur von einem Schutz bei zwölf bis 14 Prozent der Menschen rechnen.

Dabei scheint sich – im Gegensatz zum Vorjahr – wieder eine Influenzawelle anzukündigen. Ursula Wiedermann-Schmidt warnte: "Die Influenza ist schon angekommen. Sie ist schon da. Auf eine schwache Saison folgte oft eine starke."