Corona: WHO empfiehlt Rheuma-Medikament zur Behandlung von COVID-19

Interleukin-6-Hemmer soll bei hospitalisierten Covid-19-Patienten angewendet werden
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eine wesentliche Änderung ihrer Behandlungsempfehlungen für hospitalisierte Covid-19-Patienten bekanntgegeben.

Demnach sollten sie Interleukin-6-Hemmer erhalten, die sonst seit Jahren bei chronisch-entzündlichem Gelenksrheuma etc. eingesetzt werden. Die wissenschaftlichen Studien sprächen für einen eindeutig positiven Effekt, teilte die WHO mit.

"Eine neue Analyse von 27 randomisierten (Kranke nach dem Zufallsprinzip Vergleichsgruppen zugeteilt; Anm.) klinischen Studien mit rund 11.000 Patienten hat gezeigt, dass der Einsatz von Interleukin-6-Blockern (Tocilizumab und Sarilumab) bei stationär wegen Covid-19-Erkrankung im Krankenhaus Aufgenommenen die Sterblichkeit und die Häufigkeit einer notwendigen künstlichen Beatmung verringert", schrieb die WHO.

Die Weltgesundheitsorganisation hatte die Meta-Analyse von mehr als zwei Dutzend klinischen Studien mit 10.930 Patienten, von denen 6.449 mit den IL-6-Blockern, die sonst vor allem bei chronischer Polyarthritis eingesetzt werden, behandelt wurden und 4.481 Kranken ohne diese Therapie oder mit Placebo, koordiniert. Das erfolgte in Kooperation mit dem King's College in London, der Universität Bristol sowie anderen britischen Forschungseinrichtungen. Die wissenschaftliche Arbeit ist Dienstagabend im Magazin der amerikanischen Ärztgesellschaft (JAMA) erschienen.

Die Hauptergebnisse aus der Studie: Im Vergleich zur alleinigen Gabe von Cortison zur Dämpfung der bei schwerkranken Covid-19-Patienten oft überschießenden Entzündungsreaktion reduzierten die IL-6-Hemmer - beide monoklonale Antikörper - die Mortalität um 17 Prozent. Bei Patienten ohne künstliche maschinelle Beatmung verringerte sie sich durch die zusätzliche Gabe der monoklonalen Antikörper die Häufigkeit einer späteren künstlichen Beatmung oder Tod um 21 Prozent.

Die Daten stammten aus insgesamt 27 Studien zu dieser Frage in 28 Staaten. "Das bedeutet, dass pro hundert (auf diese Weise behandelte; Anm.) Patienten vier zusätzlich gerettet werden können", schrieb die WHO. Das Risiko, dass künstliche Beatmung notwendig wurde oder die Erkrankung tödlich endete, sank mit der zusätzlichen Therapie von 33 auf 26 Prozent, wenn man alle eingeschlossenen Studien betrachtete.

"Die koordinierte Auswertung von weltweit durchgeführten Studien ist eine der besten Strategien, um Behandlungsmöglichkeiten zu finden, die mehr Menschen eine Covid-19-Erkrankung überleben lassen", wurde Janet Diaz von der WHO-Notfallabteilung in einer Aussendung der Organisation zitiert.

Ähnlich äußerte sich auch Jonathan Sterne, Epidemiologe und Medizin-Statistiker am britischen Nationalen Institut für Gesundheitsforschung: "Klinische Studien, welche die Wirksamkeit von monoklonalen Antikörpern gegen Interleukin-6 bei hospitalisierten Covid-19-Patienten untersucht haben, haben verschiedene positive Effekte ohne negative Begleiterscheinungen gezeigt. Durch die kombinierte Auswertung von 95 Prozent der auf diesem Gebiet durchgeführten Studien haben wir zeigen können, dass diese Medikamente durchgängig Todesfälle und schwere Verläufe verhindern können - und das in den verschiedensten Staaten und unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen."

Tocilizumab und Sarilumab blockieren mit IL-6 einen der stärksten entzündungsfördernden Botenstoffe. Vor allem bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen kommt es zur vermehrten körpereigenen Produktion dieses Zytokins. Die monoklonalen Antikörper gehören seit rund 15 Jahren zu den wichtigsten Medikamenten gegen chronische Polyarthritis und ähnliche Erkrankungen.

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