Coronakrise verschärft Profitabilitätsproblem der Banken

Wenige faule Kredite, trotzdem Probleme
Ein niedriges Niveau an faulen Krediten sowie eine gute Liquiditätssituation lassen Europas Banken trotz der Coronakrise derzeit noch recht robust dastehen. An der Eigenkapitalprofitabilität mangelt es dagegen bei einigen Instituten - und die Krise dürfte diese Problematik noch verschärfen, wie aus der jährlichen Bankenstudie des Finanz-Beratungsinstituts zeb hervorgeht.

Was das Institut bereits vergangenes Jahr für die 50 größten europäischen Banken - darunter auch die Erste Group und die Raiffeisen Bank International (RBI) - festgestellt hatte, gilt auch 2020 in der Coronakrise: In Summe sehen die Bankbilanzen deutlich robuster und widerstandsfähiger aus als zu Zeiten der Finanzkrise 2008, die Eigenkapitalrentabilität ist im Schnitt aber eher niedrig. Die Coronakrise trifft die Banken also "in einer Situation, wo zumindest die Profitabilität schon belastet ist", sagte Dirk Holländer, Senior Partner bei zeb in Deutschland, im Gespräch mit der APA.

Die Krise verschärft das Problem nun, denn die derzeit noch gute Kreditrisikolage werde sich in den kommenden Monaten und Jahren deutlich verschlechtern. Je nach Schweregrad des Wirtschaftseinbruchs hat das Institut errechnet, wie stark die Risikovorsorgen ("loan loss provisions/LLP) steigen. Dabei geht das Basisszenario davon aus, dass ein "new normal" mit partiellen Lockdowns bis zu einer medizinischen Lösung in rund 18 Monaten erreicht werden kann. Das schwerere Szenario geht dagegen davon aus, dass weitere Infektionswellen auftreten, weitere Lockdowns nötig sind und sich die wirtschaftliche Normalisierung daher verzögert.

Im schweren Szenario kommt die Studie auf Steigerungen der Risikovorsorgen innerhalb der kommenden 18 bis 24 Monate von rund 47 Mio. Euro 2019 auf knapp 280 Mio. Euro. Das entspräche einer Steigerung um rund 233 Mio. oder knapp 500 Prozent.

Auch unter der Annahme, dass staatliche Hilfsmaßnahmen dazu führen würden, dass die Hälfte dieser kalkulierten Kreditausfälle vermieden werden könnte, müssten Banken laut der Analyse immer noch eine Ertragssteigerung von mindestens 20 Prozent und einen gleichzeitigen Betriebskostenrückgang von 30 Prozent erzielen, um das Loch im Betriebsergebnis zu stopfen. Das sei eine "maximale Herkulesaufgabe", derartige Ergebnissteigerungen hätten die Banken "in besten Zeiten nicht hinbekommen", so die Einschätzung Holländers.

Man müsse bei dieser Rechnung aber immer mitberücksichtigen, dass die Coronakrise nicht für jede Bank gleich schwer zu bewältigen sein wird - die Zusammensetzung des jeweiligen Kreditportfolios sei entscheidend, betonte Holländer. So werde eine Bank, die ein hohes Exposure in stark von der Coronakrise betroffenen Branchen wie Handel oder Tourismus aufweist deutlich stärker leiden als eine Bank, die ein hohes Kreditexposure im Pharmabereich hat. Ebenso werde eine Bank, die stark in baltischen Staaten engagiert ist, weniger stark in Mitleidenschaft gezogen als eine Bank, die stark in Brasilien tätig ist, so Holländer.

Die RBI hat ihr größtes Exposure laut zeb in den Branchen Handel (30 Prozent), verarbeitendes Gewerbe (29 Prozent) und Baugewerbe (9 Prozent). Das Kreditportfolio der Erste Group hat das größte Gewicht auf dem verarbeitenden Gewerbe (23 Prozent), Handel (16 Prozent) und Baugewerbe (14 Prozent).

Wie lange es dauern würde, bis die Banken dieses Loch stopfen bzw. ihre Risikokosten wieder deutlich senken könnten, könne man nicht beziffern, das wäre "Kaffesudleserei", so Holländer. Fest stehe aber, dass sich die Banken zur Bewältigung der Krise vor allem auf das Management des Kreditrisikos konzentrieren müssten. Zudem brauche es einen anhaltenden Schulterschluss zwischen Banken, Staaten und Regulatoren.

Während der Coronakrise hätten die Regulierungsbehörden den Banken bereits "Spielraum gegeben und damit die Grundlage geschaffen, dass sie weiter Kredite vergeben können", während die Regierungen Garantien übernommen hätten, so Holländer. Diese Unterstützung müsse jedoch auch nach der akuten Krisenphase weiter erfolgen, damit sich die Coronakrise nicht zu einer Bankenkrise auswächst.

Kommentare