APA - Austria Presse Agentur

Coronavirus: CE-Kennzeichen bei PCR-Tests unzureichendes Gütesiegel

Bei neu auf den Markt drängenden PCR-Tests auf eine SARS-CoV-2-Infektion sollte die CE-Kennzeichnung alleine laut Experten noch nicht als ausreichendes Gütesiegel verstanden werden.

Nachdem an der Med-Uni Graz einer dieser neuen Tests genau unter die Lupe genommen und etliche falsch negativen Ergebnisse festgestellt wurden, halten Experten eine Präzisierung der Qualitätskriterien für notwendig. Die Covid-19-Pandemie hat zu einer hohen Nachfrage nach SARS-CoV-2-Tests für Atemwegsproben geführt. "Diese Situation setzt die Hersteller von Molekulardiagnostik unter hohen Druck, neue Assays (englisch, Tests bzw. Prüfverfahren, Anm.) schnell auf den Markt zu bringen, um diese Erwartung zu erfüllen", schilderte Ivo Steinmetz vom Diagnostik- und Forschungsinstitut für Hygiene, Mikrobiologie und Umweltmedizin der Medizinischen Universität Graz. Auch die Grazer Hygieniker wollten den Workflow der eigenen Covid-19-Diagnostik mit verschiedenen Assays optimieren und haben ein im März auf den Markt gekommenes, CE-gekennzeichnetes Real Time PCR-Kit geprüft. "Wir validieren selbstverständlich routinemäßig, bevor wir uns für einen Ankauf entscheiden", betonte Steinmetz gegenüber der APA.

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Das Ergebnis brachte die Grazer Diagnostiker zum Staunen: "Unsere Studie ergab einen hohen Prozentsatz falsch negativer Covid-19-Proben", hielten die Forscher im jüngst erschienenen Journal "Clinical Microbiology and Infectiology" fest. Somit wäre laut den Autoren bei der Verwendung in Routinetests eine signifikante Anzahl von Covid-19-positiven Proben übersehen worden. Wie das Grazer Team ausgerechnet hat, wäre damit in einem Routinebetrieb hochgerechnet etwa jeder vierte Test falsch-negativ gewesen und damit die Infektion nicht erkannt worden.

Teilweise gar kein Ergebnis

Bei einem kleinen Teil der 101 klinischen Proben hat der neue Test gar kein Ergebnis erzielt. "Solche Proben hätten bei einer regulären Testung wiederholt werden müssen", führte der Leiter des Grazer Forschungsinstituts im Detail aus. Bei der Analyse der verbleibenden 95 Proben wurde festgestellt, dass 27 bei beiden Tests negativ waren. Von 68 Proben, die mit einem etablierten Verfahren positiv waren, wurden aber vom neuen Test allerdings mehr als 30 Prozent fälschlicherweise als negativ gewertet.

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Die Beeinträchtigung führten die Grazer Wissenschafter auf mangelnde Empfindlichkeit zurück. Vor allem Proben, in denen sich relativ geringe Virusmengen befanden, wurden nicht mehr als positiv erkannt. Das sei vor allem kritisch, weil Rachenabstriche, die mit zeitlicher Verzögerung erfolgen, rasch nur noch geringe Virusmengen aufweisen und mit nicht ausreichend sensitiven PCR-Verfahren falsch-negativ getestet werden könnten.

Der untersuchte PCR-Test hat eine CE-Kennzeichnung erhalten, womit der Hersteller erklärt, dass dieser den geltenden EU-Vorschriften entspricht und ein entsprechendes Konformitätsverfahren durchgeführt wurde. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Qualitätskriterien, die erfüllt werden müssen, um Covid-19-Diagnostika auf den Markt zu bringen, dringend präzisiert werden müssen", hielt Steinmetz fest.

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Die Europäische Kommission habe laut dem Grazer Experten die Herausforderung bereits erkannt und empfiehlt seit April 2020 u.a. die Prüfung von neuen Covid-19-Diagnostika im Vergleich zu Referenzmethoden in wissenschaftlichen Studien, die begutachtet und publiziert werden, und damit für die Öffentlichkeit zugängig sind. "Wir haben das somit getan, rechtlich verbindlich ist eine solche Transparenz leider noch nicht", sagte Steinmetz. Die Hersteller des Tests wurden informiert, "wir haben aber kein Statement bekommen".

Service: M. Matzkies, E. Leitner, E. Stelzl, I. Steinmetz et al.: "Lack of sensitivity of an IVD/CE-labelled kit targeting the S gene for detection of SARS-CoV-2, Clinical Microbiology and Infection, July 2020, http://go.apa.at/MPxEhVn4