APA - Austria Presse Agentur

Coronavirus: Forscher sieht bei Testungen noch viel Luft nach oben

Durchaus noch Luft nach oben sieht der Molekularbiologe Michael Wagner von der Universität Wien in Bezug auf die österreichische Teststrategie in der Coronakrise.

Noch immer werde die angestrebte Kapazität von rund 15.000 Testungen pro Tag bundesweit kaum erreicht. Eine von Forschern aufgebaute Testpipeline sei in ihrer Kapazität "nie im vollem Umfang abgefragt worden", sagte Wagner. Nachdem Österreich auf die Covid-19-Pandemie rasch und erfolgreich mit vergleichsweise starken Einschränkungen des öffentlichen Lebens reagiert hat, habe es jetzt den Anschein, dass nun vielerorts ein "laxer Umgang" mit der Situation gepflegt werde, so der Wissenschafter im Rahmen einer Online-Vortragsreihe mit dem Titel "Wien erforscht Corona" des Wiener Wissenschafts-, Forschungs-und Technologiefonds (WWTF). Mit Blick auf den Herbst, mit mitunter zahlreich im Rahmen der Urlaubsbewegungen eingeschleppten Infektionen, halte er dies für "durchaus risikoreich".

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Ein Indiz für offenbar immer noch bestehenden Schwierigkeiten sei die Tatsache, dass die angestrebten Test-Zahlen kaum erreicht werden. Bei der "Vienna COVID-19 Diagnostics Initiative" (VCDI) - einem Zusammenschluss von 21 Wiener Forschungsinstituten, die zunächst aus Eigeninitiative heraus eine eigene PCR-Teststraße zum Nachweis des Erbguts des SARS-CoV-2-Virus aufgebaut haben - habe man bereits früh in der Epidemie um die 6.000 Tests durchführen können. Ausgeschöpft wurde dieses Potenzial jedoch nie.

Regeln nicht rasch genug anpassbar

Wie viele andere Länder sei Österreich klarerweise zunächst "nicht gut" auf die Krise vorbereitet gewesen. Forscher, die "nur unterstützen wollten", hätten aber da und dort auch Erfahrungen mit "einem sperrigen Regelwerk gemacht, das nicht rasch genug angepasst werden kann". Darüber hinaus habe man "auch interessante politische Erfahrungen" hinter sich, wenn bei der Umsetzung von Testinitiativen oft die Frage mitschwang: "Wer darf damit glänzen?"

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Mit der von Wagner und Kollegen entwickelten "Gurgelmethode" habe man beispielsweise einen Ansatz entwickelt, bei dem die Probenentnahme schmerzfrei erfolgt, und der damit auch gut für Kinder ab einem gewissen Alter geeignet ist. Sehe man sich an, dass nun viele kommerzielle Anbieter auf die Methode setzen, habe man damit eine gewisse Breitenwirkung erzielt. Kurz vor Ende des Schuljahres konnten die Forscher eine erste Studie unter rund 5.100 Wiener Schülern und Pädagogen durchführen, in deren Rahmen bei damals allgemein niedrigen Infektionszahlen ein neuer Fall entdeckt wurde. Nun sei man in Gesprächen mit Behörden, um im Herbst weitere ähnlich geartete Studien etwa im Schulbereich durchzuführen.

"Schulen sind kein sicherer Hafen", so Wagner mit Blick auf den Herbst. So hätten infizierte Kinder und Jugendliche vermutlich im Schnitt eine ähnlich hohe Viruslast wie Erwachsene. Wenn in der kälteren Jahreszeit Ko-Infektionen wahrscheinlicher werden und insgesamt mehr gehustet und geniest wird, könnten auch die meist asymptomatisch erkrankten Kinder verstärkt zu "Treibern der Verbreitung werden". Um hier gegebenenfalls rasch reagieren zu können, brauche es auch weitere schnell und sauber durchgeführte Screening-Programme, in deren Rahmen viele Bevölkerungsgruppen möglichst oft und in engen zeitlichen Abständen getestet werden sollten.