Coronavirus: Schulunterricht ab Montag eingestellt

Sozialpartner beschließen einschneidende Maßnahmen
Die österreichische Bundesregierung stellt im Rahmen der Bekämpfung des Corona-Virus den Schulunterricht für mindestens vier Wochen komplett ein.

Für Schüler ab der 9. Schulstufe bleiben die Schulen ab Montag zu. Für alle anderen wird dann ab Mittwoch zwar der Unterrichtsbetrieb eingestellt, Betreuung gibt es aber weiterhin, Daheimbleiben wird nur empfohlen. Gleiches gilt für Kindergartenkinder.

Das "ultimative Ziel" sei es, weniger soziale Kontakte zu erreichen, begründete Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die Maßnahmen, die im Anschluss an einen Gipfel mit den Sozialpartnern präsentiert wurden. Das Vorgehen ist auch mit den Ländern akkordiert, dazu gab es am Nachmittag eine Videokonferenz. Die Schul-Maßnahmen gelten vorerst bis einschließlich der Osterferien (Ostersonntag ist der 12. April), eine Ausdehnung ist aber nicht ausgeschlossen, sollten die Infektions-Fallzahlen weiter ansteigen. Betroffen sind rund 411.000 Oberstufenschüler und 690.000 Schüler an AHS-Unterstufen, Neuen Mittelschulen und Volksschulen sowie mehr als 300.000 Kinder unter sechs Jahren, die derzeit eine Kinderbetreuungseinrichtung besuchen.

Verpflichtung für die jüngeren Schüler, zuhause zu bleiben, gibt es vorerst keine. Ziel der Regierung ist es, dass 100 Prozent der Oberstufen-Schüler und drei Viertel aller anderen der Schule fernbleiben. Sollten diese Maßnahmen bei den unter 14-jährigen Schülern nicht fruchten und ein großer Teil die Betreuung in Anspruch nehmen, so könnten weitere Maßnahmen angedacht werden, ließ Kurz am Rande der Pressekonferenz gegenüber Journalisten durchblicken. Als Möglichkeit gilt hier, dass etwa die Betreuung nur mehr für jene möglich gemacht wird, deren Eltern in bestimmten systemkritischen Berufen wie etwa dem Gesundheitswesen oder der Exekutive arbeiten.

Appell an Eigenverantwortung

Davon war aber auf der Pressekonferenz vorerst noch keine Rede. Die Maßnahmen bedeuten, "dass alle, die zu Hause betreut werden können, auch zu Hause betreut werden sollen", lautete der Appell des Kanzlers zur Eigenverantwortung. "Wer keine Möglichkeit hat, der kann weiter seine Schüler in die Schulen bringen." Gleichzeitig betonte Kurz, dass die Großeltern nicht zur Betreuung herangezogen werden sollen: "Kinder dürfen keinesfalls zu den Großeltern gebracht werden, das sind die Personen, die wir bestmöglich schützen wollen."

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) sagte, dass die Pforten der Schulen ungeachtet der Maßnahmen grundsätzlich offen bleiben. Er verwies auf das digitale Lernen, das für die ab 14-Jährigen angeboten werden soll. Für Maturanten werden noch eigene Lösungen geschaffen werden müssen, hier gab es vorerst noch keine konkreten Lösungen. Nähere Details wird Faßmann auf einer Pressekonferenz am Donnerstag erörtern. "Das Virus soll keine Barriere sein, um eine faire Zentralmatura durchzuführen", betonte er.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) betonte einmal mehr, es gehe um den Schutz der gefährdeten Personengruppen (über 70-Jährige und Personen mit Vorerkrankungen). Kinder seien zwar "viel weniger gefährdet, was Erkrankungen betrifft, gleichzeitig wissen wir, dass Kinder starke Multiplikatoren sind", begründete er das Einstellen des Unterrichtes. Im Bereich der kritischen Infrastruktur appellierte er an die Eltern, die Möglichkeit der Betreuung zu nützen, um weiterhin der beruflichen Tätigkeit in diesen Kernbereichen nachkommen zu können.

Keine Lösung bei Entgeltfortzahlungen

Noch keine Lösung gibt es in der Frage von Entgeltfortzahlungen für jene Eltern, die aufgrund von Betreuungstätigkeit der Arbeit fernbleiben. Am Donnerstag werde es dazu Gespräche auf Regierungsebene unter Federführung von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) geben. Dabei sollen die budgetären und arbeitsrechtlichen Konsequenzen besprochen werden. Es bestehe die Notwendigkeit, in den Betrieben Regelungen zu finden, so Kurz. "Dort wo es möglich ist, soll man auf Teleworking zurückgreifen." Mit gutem Willen sei es möglich, gute Regelungen zu treffen, gab er sich überzeugt. Jetzt müsse in erster Linie der Fokus auf der Frage liegen: "Wie verhält man sich richtig, um die Gesellschaft, ältere Menschen, bestmöglich zu schützen".

Zufrieden mit den Maßnahmen zeigten sich die Sozialpartner. Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer sprach von einer "Ausnahmesituation für die Republik". Das gemeinsame Ziel sei es, die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern. Man müsse gleichzeitig "die Funktionsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft aufrecht halten". Die Maßnahmen seien richtig und gut abgestimmt. Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl sagte, es sei wichtig, dass es weiterhin ein Betreuungsangebot für Kinder gebe. Wenn ein Elternteil zu Hause sei oder wenn man es sich einteilen könne, solle man "davon absehen, das Kind in die Schule oder Kindergarten zu schicken", betonte auch sie.

Soziale Kontakte reduzieren

Ebenso der Tenor von ÖGB-Chef Wolfgang Katzian, der wie auch andere Teilnehmer der Pressekonferenz besonders die Gefahr einer exponentiellen Steigerung der Zahl der Infizierten ansprach. Um diese zu verhindern, brauche es Maßnahmen zur Reduktion von sozialen Kontakten. Daher sei er über die jetzt getroffenen Maßnahmen froh. Einen emotionalen Appell an alle richtete der Bundesrettungskommandant des Österreichischen Roten Kreuzes, Gerry Foitik. "Alle Schülerinnen und Schüler sind jetzt Teil unseres Teams und können durch eine Lebensänderung helfen, Ältere und Kranke zu beschützen und damit Leben zu retten."

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