Cranach-Bild in Akademie der Künste Wien als Bühnenraum

Cranachs "Heilige Sippe" in neuer Betrachtung
Aus dem Gemälde "Die Heilige Sippe" von Lucas Cranach d. Ä. wurde in der Akademie der bildenden Künste Wien "das Personal abgezogen" und die gemalte Architektur 3-D als Bühnenraum dargestellt: Die Installation ist Teil der Arbeit von Klaus Scherübel im Rahmen des Formats "Die Sammlung betrachten & An Insert by ...". Der 56-Jährige beschäftigt sich im Projekt mit künstlerischer Selbstdarstellung, Strategien der Produktivität und eben dem Darstellungsmodus von Raum in Gemälden.

Cranachs Gemälde entstand 1510 bis 1512 anlässlich der Heirat mit der Patriziertochter Barbara Brengbier. "Aufgrund seiner Ausgestaltung mit stark porträthaften Zügen zählt es in der Kunstgeschichte zu den Sonderformen eines bis ins 17. Jahrhundert beliebten Sujets", hieß es am Dienstag bei einer Presseführung. Cranach stellte darin sich selbst, seine Frau und seinen Schwiegervater als Mitglieder der Heiligen Familie dar. "Es ist ein enigmatisches Bild, das uns zeigt, wie ein Künstler an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit und Frühkapitalismus agiert", sagte Sabine Folie, Direktorin der Kunstsammlungen der Akademie.

Der in Montreal lebende gebürtige Steirer Scherübel inszeniert sich seit den 90er-Jahren als "the Artist at Work", eine Strategie, die an die Selbstdarstellung Cranachs anknüpft. "Was ist der Künstler? Was produziert er?" Das seien Themen, die Scherübel auch bei Cranach interessieren würden, betonte Folie. In seiner Recherche ist der Künstler sogar nach Wittenberg gereist, wo Cranach lebte und arbeitete, da habe sich eine "richtige Cranach-Mania entwickelt". In Raum der "Inserts"-Schau geht ein Werkkörper Scherübels auf die Reliquiensammlung Friedrichs des Weisen ein, die Cranach in einem "Heiltumsbuch" (1509) illustrierte. Scherübel interpretiert dieses in einer "medialen Verschiebung" als Reprint neu.

Kernstück der Schau ist aber die raumfüllende Installation, eine "Form von imaginärem Theater", wie Scherübel selbst sagte. Die kulissenhaften, schematischen Architekturversatzstücke des Bildraums im Gemälde werden als dreidimensionale Objekte greifbar. Die Frage habe sich gestellt, "wie vermittelt man den ökonomischen Subtext, der im Gemälde mitschwingt", so Scherübel. Nummern auf einzelnen Teilen verweisen daher auf Info-Texte. Sie beschäftigen sich etwa mit dem historischen Hintergrund und den Schauplatz.

Unter dem Motto "Die Sammlung betrachten" werden, kuratiert von Claudia Koch, Bestände der Sammlung der Gemäldegalerie mit wechselnden thematischen Schwerpunkten in jeweils neuen Zusammenstellungen präsentiert - "um geläufigen Sehgewohnheiten andere neue Aspekte abzugewinnen". Ergänzend zu den Arbeiten Scherübels finden sich in der Ausstellungssammlung immer wieder Hinweise auf Cranach, auch Einblicke in die Konservierung und Restaurierung von u.a. "Die Heilige Sippe" werden gegeben.

Klaus Scherübel war in den späten 1980er-Jahren als Modedesigner tätig und studierte auch bei Vivienne Westwood an der Angewandten. In seiner künstlerischen Arbeit bedient er sich unterschiedlicher Rollen: als Künstler bei der Arbeit, als Herausgeber, Kurator und Sponsor, "um sich performativ mit Begriffen wie Arbeit und Autorenschaft sowie den Bedingungen und der Geschichte künstlerischer Produktion, Präsentation und Rezeption auseinanderzusetzen", heißt es im Pressetext zur Schau.

(S E R V I C E - "Die Sammlung betrachten & Cranach's Holy Productivity An Instert by Klaus Scherübel" in der Akademie der bildenden Künste Wien, Gemäldegalerie, Schillerplatz 3, 1010, 26.6.-16.2., täglich außer Mo 10-18 Uhr, www.kunstsammlungenakademie.at)

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