APA - Austria Presse Agentur

Debatte über Virus-Hotspot Tirol schlecht für Tourismus

Die sogar im Ausland geführte Diskussion über den "Corona-Hotspot" Tirol könnte das Image von Österreichs wichtigstem Tourismusbundesland längerfristig beschädigt haben. Das gibt Wifo-Experte Oliver Fritz in einer Analyse zur Auswirkung der Coronaviruskrise auf den heimischen Tourismus zu bedenken.

Die Tirol-Debatte ist nur eine der Unsicherheiten, was die Entwicklung des Tourismus in den kommenden Monaten betrifft. Dem Wirtschaftsforschungsinstitut erscheint es weiters "denkmöglich", dass die versäumte Unterrichtszeit an den heimischen Schulen im Juli nachgeholt werden muss.

Der coronavirusbedingte Konjunktureinbruch innerhalb und außerhalb Europas - und mit ihm steigende Arbeitslosenzahlen und sinkende Einkommen - werde "vermutlich die Nachfrage nach Urlaubsreisen ebenso sinken lassen wie die Kompensation aktueller Produktionsausfälle nach Aufhebung der Corona-Maßnahmen", so Fritz, der am Wifo zu Strukturwandel und Regionalentwicklung forscht.

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Derzeit sei kaum absehbar, wann die verordneten Betriebsschließungen wieder aufgehoben werden können. Und auch danach könnten Grenzschließungen und Reisebeschränkungen in anderen Ländern dem österreichischen Tourismus einen Dämpfer versetzen.

Durch die aktuelle Situation sei jedenfalls der "Ballermann-Tourismus" noch stärker in Verruf geraten. Nach der Krise sollte nach Meinung des Wifo-Experten ein nachhaltiger Tourismus in den Vordergrund gestellt werden, entsprechende Marketingaktivitäten sollten schon jetzt vorbereitet werden.

In der Vergangenheit, so Fritz, haben Touristen dramatische Ereignisse wie Terroranschläge rasch wieder vergessen und ihr Verhalten vor Auftreten von "exogenen Schocks" wieder aufgenommen. Daher könnte sich auch der heimische Tourismus schnell erholen, wenn die Betriebe wieder offen sind. "Der Wunsch nach Urlaubsreisen und Ausflügen ist nach wie vor stark vorhanden und nach Aufhebung der Einschränkung sozialer Kontakte und der Bewegungsfreiheit ist damit zu rechnen, dass diese Bedürfnisse sobald wie möglich wieder ausgelebt werden wollen", heißt es in der am Freitag veröffentlichten Analyse.

Nach einer ersten Schätzung des Wifo erhöhen sich die Nächtigungsverluste jeden Monat, in dem die Betriebe geschlossen bleiben und die Nachfrage nahezu vollständig ausfällt, um rund fünf Prozentpunkte: "Von -12 Prozent der gesamten Nächtigungen 2020 bei einer Schließung von Mitte März bis Ende April bis auf -22 Prozent, wenn die Betriebe erst mit Juli wiedereröffnen könnten." Wären auch die wichtigsten Sommermonate Juli und August betroffen, würden die Ausfälle noch einmal "deutlich" ansteigen.

Fritz weist weiters darauf hin, dass nicht nur die Übernachtungen einbrechen werden, sondern dass die Corona-Einschränkungen auch den Tagestourismus zum Erliegen bringen.

Falls die Infektionsausbreitung in Österreich schneller eingedämmt wird als in anderen europäischen Urlaubsregionen, etwa Norditalien, könnte das dem heimischen Tourismus wiederum helfen.

2018 erreichte die Tourismuswirtschaft laut Wifo einen Anteil von mehr als 8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP, direkte Effekte und Lieferverflechtungen). Der alpine Raum ist besonders stark vom Tourismus abhängig.

Der Österreichische Reiseverband (ÖRV) sieht die Reisebranche schon jetzt als größte Verliererin der aktuellen Lage, wie ÖRV-Präsident Josef Peterleithner am Montag mitteilte. "Derzeit haben die Reisebüros und Reiseveranstalter nur Ausgaben, aber keine Einnahmen." Und bis das Urlaubsgeschäft nach der derzeitigen Krise wieder anläuft, werde es einige Zeit dauern.

Gunther Hölbl vom ÖRV-Touristikausschuss fordert im Angesicht der dramatischen Lage Unterstützung von der Politik. "Hilfreich wäre es zum Beispiel, wenn bei Reisestornierungen aufgrund der aktuellen Gesetzeslage Gutscheine für künftige Reisen ausgegeben werden könnten, deren Wert auch im Fall von Insolvenzen abgesichert ist. Damit kann der Geldabfluss gestoppt werden, der viele Arbeitsplätze ernsthaft gefährdet."