APA - Austria Presse Agentur

Degressives Arbeitsgeld hat begrenztes Sparpotenzial

Die bis Anfang 2019 amtierende ÖVP-FPÖ-Regierung wollte das Arbeitslosengeld degressiv gestalten, also mit hohen Beiträgen starten und mit Dauer der Arbeitslosigkeit absenken. Das sollte Arbeitslose motivieren, rascher einen Job anzunehmen und Geld zu sparen. Eine Wifo-Studie zeigt mehrere unerwünschte "Nebenwirkungen" und begrenzte Spareffekte, wenn Ausgaben für Sozialhilfe hinzugerechnet werden.

Studienautor Helmut Mahringer verwies im Gespräch mit der APA darauf, dass von den drei gerechneten Szenarien nur eines überhaupt eine Einsparung für das Budget brachte und das nur im Ausmaß von 150 Mio. Euro. Die anderen beiden Szenarien wären der Republik teurer gekommen, als die aktuelle Praxis. Wobei Mahringer darauf verweist, dass "Szenarien" und keine konkreten Modelle gerechnet wurden - da es nie zur Konkretisierung der Pläne der ÖVP-FPÖ-Regierung gekommen sei.

Grund für den geringen Spareffekt ist die Mindestsicherung, also die Sozialbeihilfe, die eingreift, wenn die Arbeitslosenunterstützung unter ein bestimmtes Niveau fällt. Das degressive Arbeitslosengeld würde im Durchschnitt der Beziehenden zwar im schärfsten Szenario von täglich netto 32 Euro bei Beginn der Arbeitslosigkeit bis auf 7 Euro nach 1.000 Tagen fallen - dafür würde aber die Mindestsicherung einspringen und den Betrag bei 24 Euro halten. Die Einsparung wäre also viel geringer, als zu vermuten wäre. "Wenn man ein Mindestsicherungsniveau gegen Armut verankert haben will, dann sind der Degression im Arbeitslosengeld recht enge Grenzen gesetzt", so Mahringer.

Außerdem zeigte sich, dass vor allem im ersten der berechneten Szenarien gerade Schwächere der Gesellschaft Geld verloren hätten: Geringverdiener, Kranke, Menschen mit Behinderungen. Auch seien Frauen überdurchschnittlich betroffen, weil sie im Schnitt weniger verdienen. "Diesen Effekten wurde in den weiteren Szenarien entgegengewirkt. Das Modell hatte stark geschlechtsspezifische Auswirkungen, das war so nicht intendiert, etwa durch die Beibehaltung des Ergänzungsbetrags zum Arbeitslosengeld", sagt Mahringer.

Die schlechte Nachricht sei, das degressive Systeme für das Arbeitslosengeld nur sehr beschränkt zur Stärkung von Arbeitsanreizen einsetzbar sind, schließt Mahringer. Aber die gute Nachricht sei, dass es Alternativen zum Eingriff in das Arbeitslosengeld gebe, um die Menschen zu motivieren, wieder arbeiten zu gehen.

"Qualifizierung, Beratung und Vermittlung von Arbeitslosen können nachweislich Beschäftigungschancen verbessern", so Mahringer. Zugleich werden dadurch Leistungsanforderung an Arbeitslose gestellt - "Arbeitslosigkeit ist also keine erholsame Freizeit", so der Experte. Auch werde damit die Verfügbarkeit für Beschäftigung besser kontrolliert. Österreich habe ein gewachsenes System mit einer Kombination aus Anforderungen und Unterstützung, das man entsprechend neuen Erkenntnissen und Zielen noch weiterentwickeln könne.